Tondifferenz

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    • Tondifferenz

      Hallo zusammen.

      Gestern ist mir etwas eigenartiges aufgefallen, wofür ich keine richtige Antwort habe.

      Ich versuche mal den Versuchsaufbau zu schildern.

      Mit einem einbordunigen Hümmelchen spiele ich ein mir bekanntes Lied und habe nebenbei erstmalig ein Aufnahmegerät mit Raummikro in etwa 1 m Abstand laufen.
      Bordun stimmt mit der Spielpfeife überein.

      Beim Spielen, stehend mit dem Bordun neben dem Ohr hat Alles soweit sauber geklungen.
      Ich bin jetzt kein Musikprofi, aber schiefe Töne höre ich doch gut raus.

      Die Aufnahme klingt jetzt, vor Allem bei den höheren Tönen schief. Also so schief das es mir beim Spielen definitiv aufgefallen wäre.

      Meine Frage ist jetzt eigentlich nur, wie ist die Differenz zwischen direktem hören und der Aufnahme zu erklären?
    • Hallo Grobi.

      Mein erster Einfall war "Knochenschall" und ich liege wahrscheinlich nicht falsch.

      Jeder kennt den Effekt, das die eigene Stimme als Tonaufname gehört plötzlich ganz fremd klingt.

      Das liegt an der Schallübertragung über die Knochen:

      "Der Knochenschall ist im Gegensatz zur Luftübertragung die Zuführung von Schall zum Innenohr als
      Körperschall über Schwingungen des Schädelknochens, und zwar unter Umgehung des Mittelohrs.
      Eine durch einen Schallvorgang verursachte Druckschwankung des Schalldrucks der Luft trifft nicht nur auf die
      Ohrmuschel auf, am Beginn des Luftleitungsweges, sondern auf den gesamten Schädelknochen, der dadurch
      zur Ausführung erzwungener Schwingungen angeregt wird, wodurch im Innenohr die Lymphflüssigkeiten
      ebenso wie beim Luftleitungsweg zu hydraulischen Druckwellen angeregt werden. Wegen des hohen
      Schallwellenwiderstands des Schädelknochens werden die als Knochenschall übertragenen Signale jedoch
      von den als Luftschall übertragenen Signalen verdeckt."

      Du hörst also Deine eigene Stimme oder auch Deinen Dudelsack als Summe des übertragenen Knochenschalls und des übers Ohr gehörten Schalls.

      Dein Mikro nimmt aber nur den "Luftschall" auf, deshalb klingt die Tonaufnahme anders für Dich.

      Du schreibst daß besonders die Höhen falsch klingen und das liegt wahrscheinlich daran, daß über den Knochen eher die tiefen Frequenzen übertragen werden oder gut rüberkommen, dadurch klingt Dein Bordun für Dich "stimmig", solange Du als Dudelsackspieler selbst die Sume aus Luft- und Knochenübertragung hörst.

      Was wir auf einer Aufnahme nie hören werden, ist Dein Dudelsack wie Du ihn beim Spielen selbst wahr nimmst.

      Ein einfaches beeindruckendes Beispiel für die Knochenschallübertragung erfordert eine Stimmgabel und einen Mithelfer:

      Laß jemand eine Stimmgabel anschlagen, die er Dir auf den Kopf um nicht Schädel zu sagen aufsetzt.

      Dann hälst Du Dir beide Ohren zu: Der Effekt hat mich imer wieder beeindruckt.

      Gruß Gianni
    • Gianni schrieb:

      Hallo Grobi.

      Mein erster Einfall war "Knochenschall" und ich liege wahrscheinlich nicht falsch.

      Jeder kennt den Effekt, das die eigene Stimme als Tonaufname gehört plötzlich ganz fremd klingt.
      Knochenschall fällt bei Dudelsäcken ziemlich aus. Dazu muss der Tonerzeuger einen sehr direkten Kontakt mit – vor allem – den Schädelknochen haben. Das kann höchstens passieren, wenn man über das Anblasrohr und die Zähne etwas Vibration mitbekommt.

      Bei der Stimme, deren Hauptresonanzen im harten Gaumen entstehen, gibt es einen Unterschied der Klanges.

      Auch selbst dann gibt es keinen Unterschied in der Tonhöhe. Über den Knochenschall wird nur ein anderes Obertonspektrum weitergeleitet, so dass der Sound im Innenohr ein anderer ist als aussen. Die Tonhöhe beeinflusst das aber nicht.
      Gruß,
      Kristof

      folk.jankristofschliep.com
      jankristofschliep.com

      ____________________________

      Wird man einem Dudelsack vorgestellt,
      so redet man ihn selbstverständlich so
      lange mit "Siedelsack" an, bis einem
      offiziell das "Du" angeboten wird!


      :rofl:
    • Grobi112 schrieb:

      wie ist die Differenz zwischen direktem hören und der Aufnahme zu erklären?
      Naja, das ist ein Phänomen, das wohl jeder kennt der sich selbst z.B. beim Üben aufnimmt. Auch viele Bands kennen das im Zusammenhang mit Livemitschnitten. Beim späteren kritischen Anhören der Aufnahme ist man oft enttäuscht, dass die Qualität nicht so ist, wie eigentlich live wahrgenommen.
      Mögliche physikalische Ursachen hierfür wären für mich nicht die ersten Kanditaten für eine Erklärung.
      Ich denke das liegt daran, dass man beim Spielen selbst einen ganzen Haufen unterschiedlicher Dinge gleichzeitig im Blick hat und kontrollieren muss. Neben der Intonation gibt's da ja noch die Melodie selbst, Rhythus/Tempo, die technische Umsetzung auf das Instrument (Motorik). Außerdem möglicherweise ganz außermusikalische Aspekte, wie die Bedienung des Aufnahmegerätes, möglicherweise Zeitnot, Selbstzweifel und und und.
      Der Kopf ist also mit weit mehr beschäftigt, als nur mit Intonation. Seine Verarbeitungskapazität ist aber beschränkt. Erst wenn weniger Aspekte bewusst kontrolliert werden müssen, weil z.B. die Melodie und die Motorik tatsächlich verinnerlicht sind, bleibt mehr Kapazität z.B. zur Intonationskontrolle.
      Beim Anhören ist der Kopf nun aber mit weit weniger belastet, man kann sich auf Einzelaspekte (z.B. Intonation) fokussieren und diese getrennt und damit viel genauer anhören.


      Als Test könntest du z.B. die Intonation mal tatsächlich getrennt betrachten. Also ohne Melodie, ohne Rhythmus, einfach lange Töne spielen und dabei ausschließlich auf saubere Intonation achten. Das ganze aufnehmen und hinterher anhören.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von _thomas_ ()