Vollchromatik

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    • Vollchromatik

      Hallo! Ich hab mal eine Frage an die Uilleann Piper/bzw. auch alle Anderen, die sich mit Musiktheorie gut auskennen, unter uns: Angenommen ich hätte einen Vollchromatischen Chanter in Concert Pitch D (also mit 4 Klappen), würde das dann heißen dann heißen, dass ich

      1. Alle Töne in den, den Pipes in D offenstehenden, Tonarten spielen kann.
      ODER
      2. Alle Tonarten/ Töne spielen kann die es so gibt. (abgesehen von irgendwelchen völlig atonalen Didgeridoo-sounds und/oder anderen Tönen, die der normalsterbliche Musiker nicht kennt)
      ODER
      3. keins von beidem, sondern was anderes?

      Danke schon mal für die Antwort :)
      Viel Übung hilft auch viel !

      Warum steht der Musiker schon um halb 8 auf? Weil um 8 die Supermärkte zumachen.
    • Hej Alex!

      Die 4 Klappen bei einem UP-Chanter geben dir die 4 Töne, die du ansonsten nicht spielen kann. Das wären: F, G#, Bb und C.

      Wenn ich jetzt nicht irre, hast du damit einfach alle Halbtöne zwischen Bottom D und dem höchsten Ton. Du könntest damit dann alle Tonarten dazwischen spielen, was aber auf Grund der Stimmung nicht empfehlenswert ist (Stichwort: reintönig vs. temperiert).

      Mick kann das sicher noch weiter ausführen, wenn etwas fehlt ;)

      EDITH #1: @Mick: Sorry, dass ich die Details immer so auf dich abwälze. Aber du bist einfach DER Uilleann Piper und hast da mehr Ahnung und Erfahrung wie ich :D
      • "Kaum macht man's richtig, schon funktioniert's."
      • "Wenn's ned grooved, isses für'n Arsch." - Mattis Branschke
    • Ich will dazu einen Teil von Micks Beitrag im Thread Polypenco Marktsackspielpfeife zitieren:

      Uilleann Pipes sind ein Sonderfall insofern, als dass das Instrument
      selbst schon auf zwei verschiedene Tonarten festgelegt ist: die
      Bordungruppe ist in D, die Regulatorgruppe ganz klar auf G ausgelegt.
      Allerdings sind die sich hieraus ergebenden Differenzen bei den
      kritischen Tönen so gering, dass man sie als verschmerzbar bezeichnen
      kann, bzw. korrelieren sie mit den Tönen, die ohnehin bauartbedingt
      immer grenzwertig sind, woran man sich gewöhnt hat (tiefes E zu hoch,
      hohes E zu tief, C zu hoch, C# zu tief, unteres H zu tief, oberes H zu
      hoch, undsoweiter...).

      Piper und Akkordeonspieler gehen sich für gewöhnlich gegenseitig
      möglichst aus dem Weg... Alain Froment hat manche Chanter mit einer
      speziellen Klappe ausgestattet, die ein temperiertes H ermöglicht für
      Fälle, in denen Piper und Akkordeonspieler derselben Familie angehören
      oder aus anderen Gründen miteinander spielen wollten. Ebenso sollte der
      Griff für F# mit gleichzeitiger Betätiung der F-Klappe ein temperiertes
      F# ermöglichen (hab ich zugegebenermaßen noch nie ausprobiert).

      Saiteninstrumente einschließlich Klavier sind klanglich so weit von den
      Pipes entfernt, dass da leichte Reibungen nicht in den Vordergrund
      treten - und wenn, dann nimmt man sie billigend in Kauf (Uilleann Piper
      spielen ja auch völlig schmerzfrei mit D-Bordun in E-Moll...). Außerdem
      werden Gitarre/Bouzouki/Klavier in den meisten Fällen eher
      rhythmisch-perkussiv eingesetzt als harmonisch, Gitarre und Bouzouki
      häufig in einer bordunähnlichen offenen Stimmung. Dazu kommt, dass man
      sich unwillkürlich manche Töne so zurechtdrückt, dass sie passen - in
      einer Band- oder Sessionsituation hört man so ziemlich alles besser als
      seine eigenen Drones.
      Alle Klarheiten beseitigt? :D
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    • O.K. habs grad auch nochmal nachgelesen im Lehrbuch von Thomas Kannmacher: "Die genaue Tonhöhe der einzelnen Töne relativ zum Bordun darf nicht nach dem Stimmgerät auf +- 0 eingemessen werden! Der Chanter und die Regulatoren sind im Sinne der Obertonreihe schwebungsfrei rein einzustimmen - auch in Terzen und Sexten!"

      Das mit dem e-Tonarten auf dem D-Bordunen wird hier auch als Bordunphilosophie bezeichnet. *anmerk*
      :sleep:
    • Eigentlich bräuchte man noch eine Klappe für Es (gibt es bei manchen Chantern auch), aber bei Concert Pitch Pipes ist das Ghost D als Annäherung an Es durchaus brauchbar. Das C kann man in der unteren Oktav problemlos greifen, in der oberen Oktav geht es nur mit Klappe. Außerdem lässt sich die C-Klappe für bestimmte Spieltechniken gut einsetzen.
      Auch mit einem voll beklappten (man beachte das "a") Chanter ist nach wie vor an die (nicht nur durch die weitgehend reintonige Stimmung, sondern auch durch den - im Vergleich zu einem modernen Orchesterinstrument - begrenzten Tonumfang) vorgegebenen Grundtonarten D und G gebunden, hat aber die Möglichkeit, Halbtöne einzufügen.
      Spielen in C oder A geht gerade noch, bei weiter entfernten Tonarten wird es schon äußerst unbequem und klingt alles andere als schön.
      In der Praxis sieht es so aus, dass man schon beim Spielen in D-Moll und G-Moll (was eigentlich hervorragend zum Bordun passt) sehr schnell an seine Grenzen, bzw. die des Instruments stößt, weil Tonkombinationen auftreten, die mit dem üblichen Klappensystem schwer bis unmöglich zu greifen sind.
      Das Klappensystem entspricht im Wesentlichen demjenigen, welches früher bei den alten Holz-Orchesterflöten üblich war - und welches irgendwann als ungenügend erkannt wurde - Theobald Böhm hatte massive Gründe, das System von Grund auf zu revolutionieren. Eine Flöte bietet allerdings auch sehr viel mehr Platz für viele Klappen, als ein UP-Chanter.

      Auf meinem Chanter habe ich zwei F-Klappen, eine für den Kleinfinger der Oberhand, die andere für den Ringfinger der Unterhand. Auch damit gerate ich ab und zu schon in Schwierigkeiten, schön wäre, wenn ich noch eine dritte (für den Daumen der Unterhand) hätte. Auch für die restlichen Halbtöne wäre es sinnvoll, jeweils mindestens zwei Bedienmöglichkeiten zu haben - und dabei rede ich noch nicht von schwierigen Tonarten oder komplizierter Musik, es geht um leichte französische Barockmusik mit den dabei gängigen Wechseln D-Dur - D-Moll bzw. G-Dur - G-Moll.

      Was es noch so gibt: manche Chanter haben noch eine Klappe für das dritte D (funktioniert mit einem guten Reed aber auch ohne Klappe), für das E darüber (klingt üblicherweise nicht sehr erfreulich), einmal habe ich einen gesehen mit einer Klappe für ein tiefes C# - diese hat ein winziges Loch ganz unten am Chanter geöffnet, so dass tatsächlich bei geschlossenem Chanter der Halbton unter dem Grundton des offenen Chanters erzeugt wurde. Alain Froment hat manche Chanter gebaut mit einer Klappe für ein temperiert gestimmtes H, für Piper, die mit Akkordeonspielern zusammenspielen wollten oder mussten.
    • Alex von Kauz schrieb:

      Angenommen, ich spiele ohne Bordune und Regs.. dann sollte doch eigentlich jede Tonart möglich sein?
      Wie Rova schon geschrieben hat, mit einem temperierten Chanter, theoretisch schon.
      Wie ich schon geschrieben habe, würdest Du feststellen, dass es praktisch nur unter großen Schwierigkeiten bis überhaupt nicht möglich ist.
      Das Vorhandensein einer Halbtonklappe bedeutet keineswegs, dass sie auch in jedem Zusammenhang bedienbar ist.
      Man sollte nicht vergessen, dass die korrekte Griffweise dabei nicht vernachlässigt werden darf, das bedeutet, dass man letztlich für die Klappenbedienung (fast) nur den oberen Kleinfinger und den unteren Daumen zur Verfügung hat, dabei entfallen G#/As, B und C auf den Daumen, alleine zwei dieser Töne in Folge sind schon äußerst schwer sauber zu spielen.
      Wenn Du in allen Tonarten spielen willst, wäre bei ähnlichem Klang Englischhorn die weitaus praktikablere Alternative....
    • Oboen sind, wie die Blockflöten auch, sozusagen in C gestimmt. Tiefere und höhere Instrumente dieser Gattung liegen in den üblichen Quint/quart bis Oktavabständen. Notiert werden alle in C, es sind dann also sogenannte "transponierende" Instrumente. Das Klappensystem ist "Böhmorientiert", man hat noch ein paar Töne drunter und insgesamt (Können vorausgesetzt) drei vollchromatische Oktaven, die mittels Überblasklappen relativ leicht erreicht werden (ein Daumenloch gibt es bei Oboen nicht, der obere Daumen bedient nur die Überblasmechanik). Auch bei Oboen gibt es ein paar "Spezialklappen" z.B. für Triller und ein paar doppelt vorhandene, um das Spielen schwieriger Passagen zu erleichtern...

      An sich sehr spannende und "Folktaugliche" Instrumente, aber leider eben auch die absolut teuersten unter den Holzbläsern und auch so ziemlich die schwierigsten... Insbesondere der Ansatz mit dem Strohhalmdünnen Rohrblatt erfordert ständige Übung und bereitet mir als "Breitmaulfrosch" erheblich größere Probleme, als z.B. Bei Schalmeien oder ähnlichen Dingern, wo man eher ein Surfbrett im Mund hat...
    • Alex von Kauz schrieb:

      Kein Instrument mag ich so gerne wie die Uilleann Pipes und scheinbar gibts auch so genug Tunes die man drauf spielen kann :)

      Es gibt schon eine ganze Menge - ich hatte in meiner besten Zeit ein Repertoire von ungefähr 1.200 Tunes. Darunter waren sieben oder acht, die den Einsatz der C-Klappe erforderten, zwei, die bis zum hohen D hinaufgingen, und jeweils drei oder vier, für die eine F-, G#- bzw. Bb-Klappe praktisch gewesen wäre (damals hatte ich nur einen Chanter mit C-Klappe - in der irischen Musik kann man sich aber um solche Stellen drumherumpfuschen).
      Das war aber nur ein Bruchteil des tatsächlichen UP-Repertoires.
    • Arno schrieb:

      Oboen sind, wie die Blockflöten auch, sozusagen in C gestimmt. Tiefere und höhere Instrumente dieser Gattung liegen in den üblichen Quint/quart bis Oktavabständen. Notiert werden alle in C, es sind dann also sogenannte "transponierende" Instrumente. Das Klappensystem ist "Böhmorientiert", man hat noch ein paar Töne drunter und insgesamt (Können vorausgesetzt) drei vollchromatische Oktaven, die mittels Überblasklappen relativ leicht erreicht werden (ein Daumenloch gibt es bei Oboen nicht, der obere Daumen bedient nur die Überblasmechanik). Auch bei Oboen gibt es ein paar "Spezialklappen" z.B. für Triller und ein paar doppelt vorhandene, um das Spielen schwieriger Passagen zu erleichtern...

      An sich sehr spannende und "Folktaugliche" Instrumente, aber leider eben auch die absolut teuersten unter den Holzbläsern und auch so ziemlich die schwierigsten... Insbesondere der Ansatz mit dem Strohhalmdünnen Rohrblatt erfordert ständige Übung und bereitet mir als "Breitmaulfrosch" erheblich größere Probleme, als z.B. Bei Schalmeien oder ähnlichen Dingern, wo man eher ein Surfbrett im Mund hat...
      ich hab mich schon länger gefragt ob man nicht ein bisschen was von der Oboe klauen könnte und als Sackpfeife ...? ^^
    • Naja, das Problem ist halt je mehr Klappen desto weniger Dudelsack. Ist halt der Technik nicht zuträglich...
      Drüber nachgedacht haben sicher schon Viele, aber es wäre eben auch sehr aufwändig zu machen und man müsste diesen "Rückschritt" auch komplett neu aufziehen incl. Reeds etc. Zumal, die "Franzosen" haben heute immerhin, bei entsprechender, sparsamer Beklappung, 1 1/2 vollchromatische Oktaven...

      Imho deutlich sinnvoller wäre es, eben einen Dudelsack vollständig durch ein modernes Instrument zu ersetzen... Dann hat man auch die ansonsten fehlende Dynamik und echtes Stakkato. Chromatik ist ja schließlich noch lange nicht Alles...