Verzierungen/Spieltechniken

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    • Zur Schottentechnik möchte ich sagen: es ist die bei weitem elaborierteste Dudelsackspieltechnik, die mir bekannt ist. Entwickelt wurde sie für schottische Musik, gespielt auf Schottensäcken, und für nichts anderes. Dass die Schotten in dieser Hinsicht Dogmatiker sind, liegt an der Entwicklung, die diese Musik durchgemacht hat (zum großen Teil durch den militärischen Einsatz des Instruments geprägt), und die dazu geführt hat, dass alles bis ins Kleinste standardisiert wurde, für alles und jedes gibt es nur ein "Richtig", alles andere ist falsch (das ist ein klein bisschen überspitzt, aber nicht sehr). Es hat den Vorteil, dass jeder in jedem Land der Welt den gleichen Unterricht erhalten und in jeder Band mitspielen kann, die Resultate sind tatsächlich objektivierbar, daher kann es bei Wettbewerben auch objektive Entscheidungen geben. Der Nachteil ist, dass die Individualität und sogar die Musik als solche auf der Strecke bleibt, bei den erwähnten Wettbewerben hört kein Mensch auf die Musik, es wird nur auf die Finger geschaut.

      Als "Handwerkszeug" (um Arno zu zitieren) ist schottische Spieltechnik hervorragend, fast alle der Grundtechniken trifft man bei anderen Dudelsäcken wieder, wenn auch teils in etwas anderer Form. Wenn man spezifische Techniken egal welchen Dudelsackes auf einen anderen und eine andere Musik übertragen möchte, spricht soweit erstmal nichts dagegen, aber - an dieser Schnittstelle ist Geschmack gefragt! Es ist nicht Sinn der Sache, Marktstücke zu "verschottisieren", es wird immer in irgendeiner Form erzwungen klingen. Welche Techniken man an welcher Stelle sinnvoll einsetzen kann, hängt sowohl vom Instrument wie auch von der Musik ab, beurteilen muss das der Spieler selbst können. Wenn es klingt wie eine Parodie, geht es am Sinn der Sache vorbei.

      Zum "Guru-tum": ich selbst versuche, in meinen Schülern die Individualität, den Sinn für das Eigene, zu wecken (außer natürlich, wenn ich Schottensack unterrichte), und das auch schon bei sehr jungen Schülern. Ganz zu Anfang geht das natürlich noch nicht, da wird so gespielt, wie ich es vorgebe, aber nach einiger Zeit, wenn sich das Gefühl für das Instrument und die Musik eingestellt haben, gebe ich nur noch das Grundgerüst des Stückes vor sowie eine Handvoll Spieltechniken und ein paar Ideen für Variationen, die der Schüler dann selbständig nach Gefühl und Geschmack einzusetzen hat. Wenn jemand versucht, exakt so zu spielen wie ich, habe ich mein Ziel verfehlt - auch die perfekteste Kopie ist letztlich nur ein Abklatsch.
    • Arno schrieb:

      @Rova:

      Ich bin mal über eine Handvoll gut gemachter Lehrvideos gestolpert, wo die Schottenverzierungen sehr gut erklärt und gezeigt werden. Ich habe jetzt leider keinen Link parat, musst selber suchen. Ich fand das nämlich auch sehr spannend (ich hatte nach der Korrekten Ausführung vom Birl gesucht).
      Meinst du diesen Menschen hier? Den hab ich mir auch schon ab und an angesehen...

      Is fearr Gaeilge bhriste ná Béarla cliste.
    • Thomar schrieb:

      Was aber auch ne Frage ist gibt es Übungen um Flinke Finger zu bekommen? kann mir leider kein unterricht gönnen aus Zeitgründen.

      Hallo!

      Ich trainiere meine Schnelligkeit der Finger derzeit mit Kastagnetten.
      Wobei ich auch bei der linken Hand alle Finger einzeln anschlage.
      Ein Nachteil ist, dass der Daumen außen vor bleibt. :( Doch ansonsten eine schöne Übung, die wie weitem nicht so laut macht wie der Dudel. :D


      Gruß Thomas
    • @Thomar: Auch wenn ich etwas spät dran bin: Gib dem Unterricht vielleicht noch ne Chance! Guter Unterricht bringt dich in einem Bruchteil der Zeit nach vorne, die du brauchst, wenn du alleine herumübst - es sei denn, du bist bereits auf anderen Instrumenten und auch theoretisch weit fortgeschritten und kannst von da viel übernehmen, dann ist der Zugewinn geringer. Und auch fürs alleine Üben brauchst du ja Zeit, die du unter Anleitung vielleicht sinnvoller nutzen könntest!

      Ermutigende Grüße,

      Alex
    • Volle Zustimmung, Alex!

      Ich muss sagen, dass ich sehr, sehr gerne Unterricht nehme, auch wenn ich - mit wenigen Ausnahmen vermutlich - auf nem anderen Niveau spiele und ich hin und wieder gefragt werde, warum ich eigentlich noch Unterricht nehme (Antwort: weil's Spass macht und ich noch lange nicht so gut bin, wie ich's gerne hätte :D ). Bei nem guten und geeigneten Lehrer kannst du schon durch simples Beobachten und Zuhören sehr vieles erlernen, was du unter Umständen in nicht mal annähernd der Zeit oder gar nicht alleine rausbekommen hättest (Bewegungsabläufe der Finger, genaues Timing bei Spieltechniken - sehr wichtig!, ...). Aber das ist natürlich auf davon abhängig, was für ein Lern-Typ man selbst ist.
      Zumindest bei mir ist es so, dass mich nicht nur die neuen Sachen in ner Unterrichtseinheit freaken, sondern auch einfach das Zusammenspiel mit meinem Lehrer, weil ich sonst seltenst die Gelegenheit habe mit nem Profi zu spielen.

      Ah ja, Arno, willst du schon was zu Mühlhausen 2012 sagen?

      @Manu: Ja bitte, solche Berichte sind immer interessant.
      • "Kaum macht man's richtig, schon funktioniert's."
      • "Wenn's ned grooved, isses für'n Arsch." - Mattis Branschke
    • Mir war von Anfang an klar, daß ich für ein Musikinstrument Unterricht brauche, weil mir halt jedwede Vorbildung fehlt. Ich hatte ja nicht mal die absoluten Basiskenntnisse in Sachen Schulblockflöte, über die viele einfach deswegen verfügen, weil sie als Kind gezwungen wurden... Und weil auch ich zuerst mal dachte, Dudelsack sei ja sowas von superschwer, fiel mir die Entscheidung umso leichter.

      Ich bereue die Entscheidung auch überhaupt nicht und wagen gar nicht mal dran zu denken, was ich jetzt nach sechs Monaten im Besitz eines Dudelsacks so verzapfen würde, hätte ich nicht die Anleitung durch meinen Lehrer (der irgendwie fast jeden in München mit einem offen gegriffenen Sack zum Schüler hatte oder hat). Klar geht's bei einer halben Stunde pro Woche manchmal zu langsam und ich versuche mittlerweile auch schon für mich selbst, Techniken zu finden oder zB aus Boulanger zu adaptieren, so wie das in genau diesem Thread schon mal gesagt wurde... aber allein und ohne Richtschnur üben würde ich auch nicht wollen. Werde ich ab nächstem Jahr, wenn ich in Finnland bin, sowieso tun müssen.

      @Abraxas: Zustimmung - mit nem Profi zusammenzuspielen bringt enormen Spaß, sowohl wenn er Dudelsack mitspielt als auch (was bei uns die Regel ist) er die Perkussion liefert. Damit hören sich die eingeübten Stücke gleich um vieles besser an. Und das mit den neuen Sachen stimmt wohl auch - man fühlt sich immer so gut, wenn man wieder ein Stück vorangekommen ist.
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    • Ich hab mal ne frage zu dem Thema.... Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem normalem Triller und einem Pralltriller?
      Das ist doch im Grunde genommen das gleiche oder? Der Pralltriller ist halt kürzer aber sonst seh ich da irgendwie nicht den Unterschied.
      Beim Pralltriller "trillert" man nur einmal und beim Triller "trillert" man öfter, oder gibts da noch Unterschiede?

      Hab mich vllt etwas doof ausgedrückt aber ich hoffe mal, dass es jemand versteht ;)
    • Im Prinzip hast Du es schon ganz richtig verstanden. Der Pralltriller oder Praller beinhaltet den Melodieton und einen höheren Nebenton (üblicherweise der nächsthöhere), dabei werden der Melodie- und der Nebenton einmal kurz gespielt, bevor der Melodieton dann über den Notenwert ausgehalten wird. Beim Triller werden über den gesamten Notenwert Melodie- und Nebenton in schneller Folge abgewechselt. Bei alter Musik (bis Barock) beginnt man dabei mit dem Nebenton, heute mit dem Melodieton. Außerdem gibt es die Variante, den Triller mit einem Mordent (Praller nach unten) zu beenden, dies ist aber nicht allgemein üblich.

      Gemeinerweise sind die Bezeichnungen nicht überall gleich, z.B. wird im Englischen der Praller als Mordent bezeichnet, in Osteuropa als Triller...
    • Eine schöne Übersicht über die gängigen klassischen Verzierungen und ihre Zeichen: 'Verzierungen (Musik) - Wikipedia

      Um das mit dem englischsprachigen Problem noch zu verkomplizieren :) nennen tasächlich die Engländer sowohl Pralltriller als auch Mordent "mordent". Es gibt aber einen "upper mordent", der unserem Pralltriller entspricht (Wechselnote mit dem oberen Ton) und einen "lower mordent", der unserem Mordent - Wechsel mit dem unteren Ton - entspricht. Hurrah :D

      Es gibt (wie auf der Wikipedia-Seite nachzulesen) die Tradition, das man bei Musik vor 1800 die Triller und ähnlich Verzierungen mit dem Nebenton beginnt, als mit dem Verzierungston, nicht mit der Hauptnote. In der frühbarocken und barocken (Gesangs-)tradition bekommt dieser Nebenton sogar eine winzige Dehnung, so dass er als Vorhalt noch deutlicher herauskommt. Meist entsteht eine kurze Reibung in mehrstimmiger Musik, die sehr reizvoll sein kann und der harmonisch sonst ja noch recht schlichten Musik fast schon jazzige Momente verleiht.
      Gruß,
      Kristof

      folk.jankristofschliep.com
      jankristofschliep.com

      ____________________________

      Wird man einem Dudelsack vorgestellt,
      so redet man ihn selbstverständlich so
      lange mit "Siedelsack" an, bis einem
      offiziell das "Du" angeboten wird!


      :rofl:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Kristof ()

    • Doch, jetzt schon ... ein blödes kleines " ' " hatte sich eingeschummelt :)

      Also, die Adresse (die jetzt auch in meinem obigen Post geändert ist) heißt: de.wikipedia.org/wiki/Verzierung_%28Musik%29
      Gruß,
      Kristof

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      Wird man einem Dudelsack vorgestellt,
      so redet man ihn selbstverständlich so
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      :rofl:
    • Naja ich finds aber belastend wenn einem da schon alles vorgegeben ist. da bleibt ja kaum Spielraum für eigene Ideen. Wobei es dann den Anfängern leichter fällt mit den Verzierungen klar zu kommen. Als Marktsackspieler muss man sich alle Techniken mehr oder weniger klauen und das war zumindest bei mir gar nich so einfach. Dann hören sich manche Verzierungen(gerade die schottischen) ziemlich gewöhnungsbedürftig bei dem ganzen Mittelalterstücken an usw.

      Mir fällt grad noch was ein wo wir grad bei den Schotten sind.... Gibt es eigentlich einen extra Namen für einen Birl mit dem Daumenloch?Also zum trennen der ganz hohen Töne. Ich glaub das benutzen die Schotten immer bei Amazing Grace. Da hab ich das auch glaub ich her.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Dudelpaule ()

    • Das ist das Double high A - einmal kurz mit dem Daumen über das Loch wischen - fertig. Einen Birl gibt es nur auf dem tiefen A, dabei wird zweimal in rascher Folge mit dem kleinen Finger über das Loch gefahren, einmal von oben nach unten, beim zweitenmal wird der Finger nach innen gebogen. So ziemlich die unphysiologischste Bewegung, die für den kleinen Finger vorstellbar ist...

      Auch wenn man viele Schottentechniken auf den Marktsack übertragen kann, passen sie in den wenigsten Fällen in die Musik. So ziemlich das einzige, was ich ab und zu einbaue, sind Doublings.

      Der schottische (Militär-)Piper ist ein Soldat, der keine eigenen Ideen zu haben hat. Er hat sich genau an die Vorgaben zu halten; nur der Pipe Major, der die Settings schreibt, darf eigene Ideen haben. Für die Drummer gilt dasselbe. Wenn das nicht so wäre, würde eine 20köpfige Band unweigerlich im Chaos enden. Als Solo-Folk-Piper hat man da schon größere Freiheiten.
    • Wenn wir schon vom Diebstahl von Schottentechniken reden... ich hab's mal versucht und was aufgeschrieben. So übe ich das jetzt schon eine Weile, und so schlecht hört es sich für meine Ohren gar nicht mal an mit diesen ganzen Grips.

      Verzeiht mir das krude Gefuchtel mit MS Paint, aber ich habe kein Notenprogramm, womit ich diese kleinen Noten eintragen könnte - und es sieht immer noch besser aus als meine Handschrift.

      Vielleicht setze ich mich auch bald mal der Gefahr einer Blamage aus und mache eine Aufnahme...

      [Blockierte Grafik: http://www9.picfront.org/picture/soBjnRcO8qg/thb/WinderWie.gif]
      Is fearr Gaeilge bhriste ná Béarla cliste.
    • Wobei ich finde, dass gerade das Double high A bzw. der Birl machmal ganz gut kommt. Aber ich mach das Double high A meist ähnlich wie einen Birl es ist dann so ein mix dazwischen. Also die gleiche bewgung wie beim Birl nur mit dem Daumenloch. Aber das ist wohl Geschmacksache. Bei den Doublings finde ich es immer höchst problematisch eine Stelle in der Melodie zu finden, bei der das Doubling die Melodie nicht "kaputt" macht.

      Das Argument mit der 30 köpfigen Band ist natürlich gut gewählt. Aber ich mein das noch etwas anders. Bei den Mittelalterbands zum Beispiel werden ja auch Verzierungen verwendet, wenn mehrere Säcke gleichzeitig spielen. Jedoch sind bei fast jeder Band andere Verzierungen im Spiel. Da klappt es ja auch sich von den anderen Bands abzusetzten. Natürlich muss man das vorher absprechen und abstimmen.
      Bei den Schotten sind es ja soweit ich es weiß immer die gleichen Verzierungen, weil diese schon bei den meisten noten mit notiert sind. ICh lass mich gerne eines besseren belehren aber so kommt es mir vor.
      Und das find ich halt langweilig.