Neuer Tanzmusik-Videokanal online

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    • Neuer Tanzmusik-Videokanal online

      Hiho,
      seit einem halben Jahr gärte bei uns (Vivien Zeller und mir) nun schon die Idee eines
      Videokanals für Tanzmusik aus Quellen des deutschsprachigen Raumes (17.-20. Jh.).

      Nun ist es soweit.
      Wir haben einen youtube-Kanal mit Namen TradTanzMusik erstellt und
      Videos von verschiedenen Musikern (nicht nur mit Sackpfeifen) aufgenommen.
      Eine erste Auswahl findet ihr auf:
      youtube.com/channel/UCYDJ525WY7muo-o0HrzwSig

      Mit dabei sind u.a.:
      Matthias Branschke (säckpipa) – Wernigeröder Tanzbüchlein
      Olle Gällmo (säckpipa) - Tanzsammlung Dahlhoff


      Wir freuen uns auf rege Nutzung.
      Neue Videos werden fortlaufend auf dem Kanal online gestellt werden.

      Die Idee von TradTanzMusik ist es, Melodien aus Tanzmusiksammlungen,
      Spielbüchern von Musikanten und Tanzmeisterheften in einer der
      möglichen Interpretationen vorzustellen und euch das Lernen der Stücke
      nach Gehör zu ermöglichen.

      Die Musiker stellen eine Melodie vor und am Ende des Videos gibt es
      immer eine langsame Version zum mitspielen.

      Zu jeder Melodie ist die Quelle und nach Möglichkeit auch die
      Bezugsquelle angegeben, so dass ihr weiter stöbern könnt. Wo eine schöne
      Melodie zu finden ist, gibt es sicher noch mehr.

      Die Einspielungen erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder
      gar auf eine "historisch korrekte Interpretation".

      Wir freuen uns einfach, wenn diese Melodien verbreitet und zu Musik von
      heute werden. Egal ob in sessions, zum Tanz, als Bandarrangement oder
      gepfiffen unter der Dusche.

      Weitere Quellen, ein umfangreiches Quellenverzeichnis gibt es übrigens
      unter www.tanzmusikarchiv.de.


      Viele Grüße
      Thomas
    • Ich hab mich grad gefragt, ob von den Stücken des Videokanals eigentlich
      irgendwas direkt ohne größere Bearbeitung auf Marktsäcken spielbar ist.
      Und mir ist mit ein bisschen Nachdenken (ich spiele selbst nicht Marktsack)
      das Hungarisch Ballet (auch bekannt als Saltus Hungaricus) eingefallen.

      Hier in g-moll gespielt von Simon Wascher.

      Tonumfang 1 Quinte über dem Grundton, in A also A bis e, das ganze in
      moll, also wie für Marktsack gemacht.

      Hab mal die Noten in A aufgeschrieben:



      Das Original hat keine Taktstriche, die angedeuteten Taktstriche unterteilen einfach
      nach der im Original angegebenen Taktart (C durchgestrichen - 2/2).
      Spannend an dem Stück finde ich u.a., dass die Melodie für mich aber ein Dreiertakt-Feeling
      hat. Ich glaube mit 'ner 2er Begleitung und der Melodie als 3er gespielt, kann was schönes
      bei rauskommen. Oder immer mal wechseln zwischen 2er und 3er. Und die Melodie eignet
      sich m.E. gut für zweite Stimmen.

      Wenn man die Melodie nach Gehör lernen will, das eigene Instrument aber nur in einer
      anderen Tonart spielt, hilft nach meiner Erfahrung z.B. singen, solange bis man die Melodie
      sicher intus hat und dann auf das eigene Instrument übertragen. Es hilft, wenn man weiß,
      wo der Grundton in der Melodie ist (i.d.R. mindestens am Ende).

      Viele Grüße
      Thomas
    • _thomas_ schrieb:

      Spannend an dem Stück finde ich u.a., dass die Melodie für mich aber ein Dreiertakt-Feeling
      hat.
      Das kann ich nur bestätigen, ich hab vorher die Noten nicht gekannt und war eigentlich von einem Dreiertakt ausgegangen... Aber definitiv eine coole Melodie!
      Ganz abgesehen davon, dass ich das Projekt mehr als gut finde :)
      "Wenn's ned qualmt, isses keine Zigarette." - Mattis Branschke, 2016
    • Hier kommt der versprochene Nachschub mit Tanzmusikmelodien auf TradTanzMusik:


      1) „Menuet A-Moll“ (Tanzsammlung Dahlhoff I/121):

      Das Stück erinnert sehr an das als „33b“ bekannte Menuett aus der Sammlung von Rasmus Storm (Funen, Dänemark, um 1760), was ja lange ein ziemlicher Sessionhit u.a. bei vielen Dudelsack- und Drehleierspielkursen war.
      Hier gespielt von Ernst Poets auf Konzertina.



      2) Angloise Nr. 12 aus dem Wernigeröder Tanzbüchlein (1786).
      Ganz klar eines meiner Lieblingsstücke überhaupt.
      Hier gespielt von Vivien Zeller (Geige).

      Das Stück ist mindestens auf Schäferpfeife und Säckpipa spielbar. Vom Tonumfang prinzipiell wohl auch auf Marktsack. Hier müsste man aber ggf. einen Teil der Bordune abschalten. Der Grundton der Melodie ist hier nicht der 6-Finger-Ton sondern der 3-Finger-Ton (also D auf einem A-Sack), Tonart: Mixolydisch, also mit kleiner Septime (C auf dem A-Sack).

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      Ich hab den Tanzmusik-Videokanal um eine Playlist „Bands-Favoriten“ erweitert.
      Hier gibt es Beispiele für in der Melodiesammlung vorgestellte Stücke, wie sie von Bands gespielt werden.
      Derzeit findet ihr hier das Trio Gällmo/Branschke/Haertel und die KlangRauschQuadrillenBand mit der o.g. Anglaise, beides Aufnahmen, in denen auch Dudelsäcke mitspielen.

      Viele Grüße
      Thomas

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von _thomas_ ()

    • ... und weiter geht's. Heute mit 2xW - Tanzmusik-Handschriften aus Wittenberg und Wippstötten:

      1) Polonaise Nr. 19 Wittenberger Apothekenhandschrift (verm. 18. Jh.)
      hier gespielt auf und bearbeitet für Säckpipa von Matthias Branschke

      Das Stück kommt aus einer Sammlung mit überwiegend Polonaisen, lt. Archivar der städtischen Sammlungen Wittenberg gefunden in einem Giftschrank einer Wittenberger Apotheke. Kam dann direkt aus dem Giftschrank ins Archiv und erklingt jetzt zum ersten mal so richtig öffentlich. Also: absolute Weltpremiere!
      Leider ist es bisher nicht gelungen, das Wittenberger Archiv zur Veröffentlichung des Digitalisats der Handschrift zu bewegen. Darum gibt es am Ende des Videos eine Abschrift des unbearbeiteten Originals.

      2) Danzl Nr.22 (Ana Maria Leyrsederin zu Koplaint Negst Wippstötten Anno 1761)
      hier gespielt von Birgit Ströbitzer und Hermann Haertel (Geige)

      Niederbayerische Tanzmusik aus der Mitte des 18. Jh. ist hier zu hören. Und die klingt für meine Berliner Ohren so gar nicht nach dem, was man mit heutigen Hörgewohnheiten i.d.R. mit dem Begriff Niederbayerische Tanzmusik verbindet. Und das nicht nur, wegen der merkwürdigen Tonalität vieler Stücke (mit erhöhter vierter Stufe, also z.B. d# in Stücken in A).

      Wie das ganze von der Band F.L.Spifnik mit Geigen, Akkordeon und Bassklarinette klingt, hört man hier ab 2:35:

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      Im zweiten Teil unserer Videos werden die Stücke wieder langsam zum Lernen gespielt.
      Die genauen Quellenangaben und ggf. Bezugsquellen sind im Abspann angegeben.

      Viel Spaß damit
      Thomas
    • Gegen jedes Klischee zu traditioneller Tanzmusik aus dem
      deutschsprachigen Raum gibt es auf TradTanzMusik bisher überwiegend
      Stücke im Dreiertakt und überwiegend aus dem 18. Jahrhundert oder
      früher. Aber doch, ja, es gibt auch anderes als das bisher Gezeigte –
      und nun endlich ist sie da – eine Polka aus dem 19. Jh., quasi als
      Futter für Klischeehungrige. Naja, das stimmt so natürlich nicht – sie
      ist einfach schön. Dazu gesellt sich ein zweites Stück im 2/4 mit dem
      schönen Titel: "Schwarzer Rappen od. Dreimal ging ich ums Haus".


      1) No. 55 Polka aus der Harwig-Handschrift (1877)

      Die Handschrift wurde in der Altmark gefunden und enthält Stücke, die
      man eben in Handschriften dieser Zeit erwartet: Polka, Walzer,
      Rheinländer, Galopp, Schottisch, Polka Mazurka, Märsche, auch
      Eccossaisen und Tampeten.
      Die Originalnoten sind auf tanzmusikarchiv.de (Stockmann-Nachlass) zu
      finden.
      Wie Vivien Zeller die spielt, hört man hier.


      2) "Schwarzer Rappen od. Dreimal ging ich ums Haus" aus dem Tanzbuch aus
      Arendsee, 1870?

      Bei einem solchen Titel liegt die Vermutung nahe, dass das ursprünglich
      mal ein Lied war. Die Quelle überliefert aber keinen Text hierzu.
      Gespielt wird es von Richard Pohl auf der Säckpipa in einer von ihm
      leicht bearbeiteten Form, die übrigends auch ohne Änderung auf dem Marktsack spielbar ist.
      Eine Abschrift der Originalmelodie ist zum Vergleich am Ende des Videoszu sehen.

      Viel Spaß beim Hören und Lernen
      Thomas
    • Erstmals :dankeschild: für all die Melodien und deren Originalquellen !!!
      Ich bin im Monent besonders durch das Material aus dem "Dantz Büchlein" (1720) von Dreyßer angetan. Nicht nur dass es Tanzstücke sind die nach Tonart geordnet wurden - der Autor hebt sogar explizit den letzten Ton jedes Stückes hervor um wohl dem Leser den Grundton sofort ersichtlich zu machen. Ich habe so etwas bei keiner anderen historischen Notenquelle gesehen und es macht auf mich den Eindruck als ob der Autor dies speziell für die Musiker macht die mit Bordunen zu tun haben... Ist diese Praxis tatsächlich selten oder habe ich einfach noch nicht genug Quellen gesichtet?

      Ich hab übrigens auch hier einen Review gemacht und festgestellt dass in etwa 60-70% aller Stücke in dem "Dantz Büchlein" auf den Grundtönen C und D stehen, nur ein bescheidener Teil steht in F und G und von den B-Stücken gibt es nur eine handvoll. Dieses Büchlein stammt aus derselben Zeit wie die wohlbekannte Wiener Schäferpfeife, das Instrument welches wohl ursprünglich in C/G plagal stand (Sechsfingerton laut Wout Vanloffeld FIS+20 Cent oder G-80 Cent) und Im Grunde das Vorbild für unsere heutigen G/C-Schäferpfeifen darstellt. Das Repertoire von Dreyßer ist also im besonderen Maße schäferpfeifer-geeignet.

      Einen Tanz habe ich schon einstudiert...

      Grüße
      Slow equals smooth and smooth equals fast