Cylisax

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    • Kennt jemand dieses Instrument oder hat so etwas schon jemand bei einem anderen Instrument gesehen?

      linseypollak.com/instruments/

      Das Cylisax von Linsey Pollak hat kurz nach dem Rohrblattsitz eine kleine "Pfeife".
      Dadurch wird der Luft vorgegaugelt, dass es sich bei dem zylidrisch gebohrtem Instrument um ein Instrument mit konischer Bohrung handelt.

      Damit überbläst das Instrument direkt auf den nächst höheren Ton, was bei zylindrischen Bohrungen ja an und für sich nicht geht. (Darum haben wir ja zb Klappen am Hümmelchen)

      Könnte so etwas auch bei einem Doppelrohrblatt funktionieren?
      PDH - Preiset das Hümmelchen
      You know, Internet is a dangerous thing with all that sheet music out there...
    • Gesehen noch nicht, aber auf jeden Fall interessant!

      Wichtig wäre zu wissen wie der Effekt physikalisch zustande kommt - wird die kleine Pfeife im Grunde auch Überblasen und dadurch wird die Wirkung auf die Hauptbohrung verringert
      oder weicht ein Teil der Luft bzw. durch den erhöhten Luftdruck in den Seitenarm aus? Wäre toll, wenn da jemand weiterhelfen könnte.

      Die Frage ist auch, ob zwei recht eng beieinander liegende Registerlöcher den gleichen Effekt erzeugen können und die extra Pfeife überhaupt notwendig ist.


      Auf die Frage zur Funktion bei Doppelrohrblättern - ich denke, es dürfte funktionieren - ausschlaggebend ist die Bohrung für stehende Welle, durch den deutlich engeren Innendurchmesser z.B. einer Hümmelchen-Spielpfeife
      wird wohl das Durchmesser-Verhältnis zwischen der Hauptbohrung und dem Seitenarm ausfallen - beim Cylisax hat der Seitenarm einen Durchmesser von 70% im Verhältnis
      zur Hauptbohrung von 13mm.
    • ...was allerdings ein Problem ist: die Windkapsel/Chanter Stock. Das Cylisax wird ja direkt angeblasen, da dass bei unseren Instrumenten entfällt spielt es mit Sicherheit eine Rolle wie groß
      das Luftvolumen des Chanter Stocks oder die Größe des Einlassöffnung - normalerweise würde das Rohrblatt bei Hümmelchen oder Säckpipa blockieren, sobald der Druck groß genug
      für ein Überblasen wäre. Der Seitenarm wird dieses Problem denke ich nicht beseitigen können - also braucht wohl zumindest eine Überblasklappe/Registerloch.

      Eventuell braucht es auch keine zwei Registerlöcher (je 20-25% der Innenbohrung) sondern die Kombination aus Registerloch und Flohloch (30-35% der Innenbohrung).

      Man könnte auch zwei kleinere Messingrohre mit dem halben Durchmesser des benötigten Seitenarmes nach oben in den Chanter Stock führen und versiegeln
      - es wird wohl in erster Linie darum gehen, das richtige Volumen zu ermitteln ob es sich dann aufteilt wird wohl weniger wichtig sein -
      so bleibt die Optik erhalten und das Rohrblatt hat einen zusätzlichen Schutz.

      [Blockierte Grafik: https://www.linseypollak.com/wp-content/uploads/2019/06/Cylisax-Mk-6-880x660.jpg]

      Laut der Maße ist der Seitenarm so lang wie 1/3 des Hauptrohres. Wenn man die 70% des verringerten Durchmessers nimmt und diese 33% der Gesamtlänge
      kommt man für den Seitenarm etwa auf 1/5 des Volumens der Hauptbohrung.

      Meine Schlussfolgerung ist da die 20% des Registerloches identisch sind, dass das Überblasen so ermöglicht wird und andererseits beim Überblasen aus den zwei Schwingungsbäuchen
      durch das Ausweichen der Luft im Endeffekt 1 1/2 Schwingungsbäuche werden, was einer Welle mit losem Ende, daher physikalisch einer konischen Bohrung entspricht.

      Leider verstehe ich von Physik nicht genug um sagen zu können, ob diese Theorie richtig oder falsch ist.
    • Heute habe ich mal bezüglich Cylisax und Hümmelchen einen Versuch unternommen. Dazu habe ich einen Spielpfeifenrohling nach dem Schäferpfeifenplan hier im Forum gedrechselt und für die halbgeschlossene
      Griffweise in G die Tonlöcher nach den Prozentangaben, die ich zum Thema Mensurerstellung beim Hümmelchen angegeben habe gebohrt. Die Innenbohrung hat einen Durchmesser von 5,3mm und
      das Zusatzrohr einen Innendurchmesser von 4,0mm und eine Länge von 145mm.

      Kurze Anmerkung: Um ein Hümmelchenrohrblatt mit normalem Grundton (C6) zu verwenden muss die Hülse statt 31mm nun 60mm lang sein - der erzeugte Rohrblattton sollte dann bei ca. E5-F#5 liegen.
      Die Skala stimmt damit fast schon, es sind eigentlich kaum noch Anpassungen notwendig.

      Jedenfalls, das Überblasen funtkioniert schonmal nicht durch bloßes erhöhen des Drucks - ich habe dazu das Daumenloch halb abgedeckt und das 6-Fingerloch angetippt. Vor dem Kürzen des Rohrblattes
      (Kunststoff, von der Blattstärke her sehr weich/weich) hat das Überblasen damit relativ zuverlässig funktioniert, allerdings musste man den Druck mit jedem Ton erhöhen.
      Eine Registerklappe wäre aus meiner Sicht empfehlenswert.

      Das Überblasen in die Oktave hat nicht funktioniert, das Zusatzrohr habe ich auch an unterschiedlichen Positionen in die Spielpfeife eingesetzt. Bei den letzten sah es so aus als würde statt der Duodezime
      ein Überblasen um eine Oktave+Terz stattfinden, was heißen könnte, dass das Zusatzrohr einen größeren Innendurchmesser braucht - ein Verhältnis 1:1 zwischen den Bohrungsdurchmessern ist wahrscheinlich.
      Ich werde noch einen Versuch mit einem Innendurchmesser von 5,0mm unternehmen.
    • Also... eine Änderung des Innendurchmessers hatte als einzigen Effekt, das die Mensur mehr odere weniger stark verlängert wurde (aus dem tiefen G3 wurde bei 5,0mm Durchmesser ein C4) - dieser Effekt
      verstärkt sich, je weiter man sich vom Rohrblatt entfernt. Mit einem normalen Rohrblatt für Hümmelchen/SSP/NSP funktioniert es nicht, selbst wenn es doch funktionieren sollte, so müsste man dafür ein
      eigenes Rorhblatt konstruieren.

      Zur Spielpfeife ansich:

      Der Rohblattton sollte richtigerweise D5-Eb5 entsprechen, die ersten drei Tonlöcher müssen dann ca. 20° nach oben gebohrt werden und das Doppelloch sollte im Vergleich zur Schäferpfeifenmensur
      zwischen 6-12mm nach oben versetzt werden. Beim F# und E muss ich noch schauen, ob eine Verringerung von 2,5mm auf 2,2mm notwendig ist damit die Gabelgriffe der Oberen Hand sauber intonieren.
    • Korrektur - es funktioniert doch.

      Ich habe nochmal das Verhältnis der Maße bei Lindsey Pollak verglichen und habe den Innendurchmesser der Branch Pipe auf 3,5mm verringert, ebenso die Länge auf 73mm (also 1/6 der Spielpfeifenlänge).

      Dadurch glich sich Tonhöhe bei den (vorher zu tiefen) oberen Tönen an. Die Skala entsprach nun nicht mehr einem halbgeschlossenen Hümmelchen in G/C Altlage, sondern einem in C/F Sopranlage.

      Ein Überblasen durch Druckerhöhung war nun ebenfalls möglich, allerdings nur bis zum F5 - was allerdings am Rohrblatt liegt. Mit einem regulären Rohrblatt in C6 wären 2 Oktaven Tonumfang
      höchstwahrscheinlich machbar.

      Beim Klang wird man wohl ähnlich vorgehen müssen wie Mr. Pollak und zur Klangmodulation ein Endstück an der Branch Pipe anbringen. Der Klang ist ähnlich dem, den ich bei meinen Veruschen mit schwach
      konisch gebohrten Spielpfeifen erzielt habe - relativ weich und zurüchhaltend.


      Fazit:

      Auf diese Weise ist es also definitv machbar einen vollwertigen Practice Chanter für Schäferpfeifen bauen.
    • Möglicherweise kann man diesen physikalischen Effekt auch für das Gegenteil verwenden:

      In zahlreichen osteuropäischen Ländern werden von den Hirten Doppel-/oder Bordunflöten gespielt.
      Bei den NAF's gibt es auch einige Hersteller die Bordunflöten bauen.

      Aufgrund der teils sehr tiefen Stimmung bei Letzteren ist mir die Idee einer Doppelfujara gekommen.
      Technisch gesehen wäre ein Bordun nicht möglich, da die Fujara als Obertonflöte in erster Linie
      die Tonhöhe durch Druckänderungen erreicht.

      Wenn man sich nun das Prinzip der Branch Pipe zunutze macht, könnte man diese als Überdruckventil bzw.
      alternativ mit einer Druckausgleichskammer versehen, um den Druck für die zweite Flöte konstant zu halten.

      Modellzeichnung:


      Dateien

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    • Heute habe ich einen Versuch bezüglich der Säckpipor-Pläne unternommen und eine Spielpfeife für die
      Northern Uilleann Pipes in G/C gemacht.

      Dabei sind verschiedene Probleme aufgetreten - die Branch Pipe gehört wohl nur indirekt dazu.
      Die Bauweise als auch die gewählte Länge hat ihren Zweck erfüllt, die Spielpfeifenmensur um eine Quarte erhöht und das Überblasen war im Optimalfall bis C#6 überblasbar.
      Damit ist wie Plan vorgesehen, ein Tonumfang von 1 1/2 Oktaven zumindest möglich.

      Nun zu den eigentlichen Problemen:

      Die Bohrung wurde nachträglich wieder auf 7,0mm erweitert (was der Innenbohrung der D/G Spielpfeife entspricht) da die Spielpfeife direkt Überblasen hat, sobald ein Ton der unteren Hand gespielt wurde.
      Der Konus am unteren Ende wurde erst danach gebohrt, hat aber insbesondere den tiefsten Ton etwas stabiler gemacht . Dieser war zuvor unspielbar.

      Beim Rohrblatt sind Zungen mit 0,3 und 0,4mm ausprobiert worden. Für weitere Versuche empfiehlt sich eine Stärke von 0,25-0,30mm CFK. Das Verschieben der Aufbindung hatte teils erhebliche Auswirkungen auf die Mensur. Der Grundton im Plan D6-E6 ist zwar erzielbar, aber der Druck ist wohl zu hoch - also muss entweder die Bohrung weiter oder die Branch Pipe enger werden.
      Hinzu kommt, dass im Gegensatz zum Cylisax oder der aus dem Vorversuch stammenden Hümmmelchen-Spielpfeife, der Innendurchmesser des Rohrblattträgers bei der Säckpipa deutlich kleiner als die
      Spielpfeifenbohrung ist. Deshalb würde ich zukünftig wohl eine Branch Pipe mit 3,0mm-4,0mm Innendurchmesser verwenden.

      Es ist also wahrscheinlich, dass das Rohrblatt erst noch richtig angepasst werden muss damit das Ganze als System funktionieren kann.
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      Nachtrag:

      Ein anderes Rohrblatt mit 2,5mm Schlitzbreite hat ebenso wie nachträgliches Stufig-Bohren der Innenbohrung oder Verwendung engerer Durchmesser bei der Branch Pipe, keinerelei Verbesserung gebracht.
      Es ist anzunehmen, dass für Einfachrohrblätter nur die Bauweise von Pavel Cip infrage. Ob CFK überhaupt als Material in diesem speziellen Fall geeignet ist, ist fraglich.

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    • Ich möchte das Thema nochmal aufgreifen, auch weil der Beitrag zum Cylisax bei den Bauplänen zu finden ist. Fazit: Es funktioniert eine überblasbare zylindrische Spielpfeife zu bauen, es ist jedoch eine Registerklappe für eine erfolgreiche einwandfreie Funktion erforderlich.

      Die Frage ist, wenn das Überblasen in die Oktave möglich, müsste dann nicht auch ein Unterblasen in die Oktave mit einem technischen Kniff möglich sein?

      Das könnte eine branchpipe mit der Länge von 1/3, 4/6, 5/6 oder 1 1/6 sein - aber z.B. auch 3 parallele Branchpipes die aus einem einer Bohrung mit Luft versorgt werden. Der Gedanke wurde glaube ich schon einmal so formuliert - quasi Unterblasen durch Überblasen.

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      29.03.24:

      Eine weitere, ernsthafte Möglichkeit zur Nutzung der Branchpipe wäre in Richtung Uilleann Pipes. Eine komplett zylindrische Bohrung oder eine gestufte Bohrung bzw. die Bauweise des Penny Chanters könnte
      verschiedene Optionen eröffnen - sei es Tonstabilität, gleichbleibende Lautstärke (vergleichbar mit den konischen Tin Whistles von Carbony) oder leichter modifizierbare Lautstärke durch einen kleineren/größeren
      Bohrungsdurchmesser, was insbesondere für die Möglichkeit zur Produktion von kostengünstigen Practice Sets infrage kommen würde. Um das Umzusetzen, wäre wohl es wohl am Einfachsten, einen Scottish
      Smallpipes Chanter in A zu fertigen und die Branch Pipe anzubringen. Scottish Smallpipes sind außerdem am unteren Ende auf ca. den doppelten Durchmesser aufgebohrt, um die knackigen Birls zu erzeugen, was
      dem Hard Bottom D der Uilleann Pipes entgegenkommt (während der Durschnittskonus für Concert D Sets irgendwo zwischen 1:45-1:52 liegt, ist das untere Ende des Uilleann Pipes Chanter mit 1:15-1:22 ausgerieben).

      Klanglich dürften nur geringe Unterschiede zu herkömmlich konisch gebohrten Spielpfeifen auftreten (für Regulatoren macht das Ganze vermutlich technisch noch mehr Sinn, allerdings entweicht über die Branchpipe auch Luft und Klang, was eine zusätzliche Mechanik notwendig machen würde, um Klappen und Branchpipe zu verbinden), was es wert wäre, einen Versuch in diese Richtung zu unternehmen.

      Im Gegenzug könnte man Hümmelchen konstruieren, die neben der Vollchromatik, Klang und Spieldynamik einer Uilleann Pipes hätten. Jenseits von elektronischen oder Midi-dudelsäcken eröffnet sich mit dem
      physikalischen Prinzip der Branchpipe eine weitere Option für den modernen Sackpfeifenbau, den Bedürfnissen der heutigen Zeit gerecht zu werden.

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