Projekt: Marktsackpfeife Spielen.

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    • Projekt: Marktsackpfeife Spielen.

      Liebe Grüße an alle!


      Ich glaube die Zeit ist endlich reif für dieses eine Thema. Es geht um den Versuch der Formulierung eines Werkes nach dem Vorbild von Reinhold Ege und Bernard Boulanger und hiermit einer allgemeinen spieltechnischen Basis für die Marktsackpfeife. Diejenige Basis, das Fehlen welcher meiner Ansicht nach das größte Hindernis der Marktsackpfeife darstellt, und zwar auf ihrem Weg zur Anerkennung als ein ernst zu nehmendes Musikinstrument.

      Nur um gleich mal den möglichen Vorwurf aus der Welt zu schaffen; dieses hypothetische Werk ist KEIN Gegenentwurf zur "Sackpfeifenfibel" von Thomas Zöller und Brian Haase, sondern ihre logische Weiterführung! Denn die "Sackpfeifenfibel" liefert genau das was sie verspricht; die absoluten Grundlagen des Sackpfeifenspielens, und zwar am Beispiel des Marktsackes. Nicht mehr und nicht weniger. Die Werke von B. Boulanger und R. Ege gehen jedoch über die bloßen Basics weit hinaus und bieten im Prinzip alle Informationen die man braucht um ein kompetenter Sackpfeifer zu werden! Diese Werke dienen auch als Referenzpunkte für Lehrer und Schüler, sozusagen als "Goldstandard" der musikalischen Praxis der französischen Cornemuse und Great Highland Bagpipe.

      Ein solches Werk für die Marktsackpfeife existiert bis heute nicht, was den Einstieg in das Marktsack-Spiel für alle Interessierten enorm erschwert. Ein ganzes Jahrzehnt ist es her wo die "Sackpfeifenfibel" auf den Markt kam, seitdem hat sich so gut wie gar nichts getan in diese Richtung. Es wurde in den einschlägigen Foren oft gesagt dass es doch eine Stärke des Marktsackes wäre, denn man kann alles darauf machen/spielen was und wie man will... Nun, selbst nach 40 Jahren seit ihrer Erfindung und gut 10 Jahre nach der Veröffentlichung der "Sackpfeifenfibel" wird immer noch dasselbe gespielt, auf diesselbe Art und Weise wie die Jahrzehnte zuvor, es findet kein Generationenwechsel statt und die Marktsacker wandern zu anderen Sackpfeifen immer stärker ab, auf der Suche nach spieltechnsicher Qualität.

      Kurz gesagt, in der Praxis beobachten wir einen eher entgegensetzten Effekt. Die Spieler haben eben feststellen müssen dass man zwar alles aufm Marktsack machen "kann", ob das dann auch gut klingt, ist eine ganz andere Geschichte.

      Das Fehlen einer allgemeinen spieltechnischen Basis ist, wie wir heute in der Praxis sehen, ein fundamentaler Nachteil, und keine wirkliche Stärke.

      Im Anhang ist mein Entwurf bzw. Vorschlag, wie ein solches Werk aussehen mag... Dieser kann und soll kritisiert, verändert oder ergänzt werden!



      Grüße, George
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      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Zur exakten Notation der Spieltechniken kann man ja die bewährte schottische GHB-Notation verwenden, man muss ja das Rad nicht dreimal neu erfinden.

      Hier ist ein Beispiel der von mit erarbeiteten Spieltechnik, welche ich für dieses konkrete Stück auf dem Marktsack und auch für das Hümmelchen verwende.

      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Der Grund für "aufschließende" und "zuschließende" Vorschläge ist folgender...

      Wenn man am Anfang die Vorschlagnoten lernt, kann man schon da mit recht einfachen Variationen zwischen "cuts" und "taps" ein deutlich vielseitigeres Klangbild liefern, und wenn die Pralltriller noch dazu kommen, kann man schon allein mit diesen drei Spieltechniken das Spiel enorm bereichern und wohlklingender machen. Von hier aus ist der nächst logische Schritt dass die "cuts" und "taps" eben zu Rolls vereinigt werden - das ergibt ein recht schnelles Erfolgserlebnis, spart Zeit und Mühe, und ist somit didaktisch einfach sinnvoller!
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Nicht jede Vorschlagnote kann auf dem Marktsack zu jeder Melodienote wohlklingend gespielt werden, so meine praktische Erfahrung, denn ich habe über die Jahre Marktsäcke von insgesamt sieben sehr bekannten Herstellern in der Hand gehabt (inklusive GHB-basierte Spielpfeifen mit Schotten-Reeds) und dabei gewisse Regelmäßigkeiten entdeckt. Das ist jetzt meine "beste Wahl", wie ich es auf jedem Marktsack machen würde. Achtung - es handelt sich um eine erfahrungsbasierte Generalisierung, nicht "das ist so bei absolut jedem Marktsack!".

      Der e-Vorschlag funktioniert auf H und D nur bedingt, oft ist er zu dünn und krächzt immer wieder, dadurch ist bei diesen Melodienoten der f-Vorschlag die bessere Wahl. Der g-Vorschlag kann rohrblattabhängig für alle Töne unter E ähnlich wie bei der GHB funktionieren, generell tut er das aber schlecht oder gar nicht. Dadurch verwende ich den g-Vorschlag ausschließlich für das E und Fis.

      Die sich dabei für mich ergebene Tonleiter für die einfachen Vorschläge, die so gut wie bei jedem (von mir ausprobierten) Marktsack technisch gut funktionieren und für mich klanglich die beste Wahl sind...

      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Interessanterweise gibt es da eine Ausnahme. Ich spiele f-e-Doublings nicht auf H da der e-Vorschlag da ziemlich schlecht funktioniert. Genauso spiele ich keine f - e - a-Tap "triple rolls" aufgrund derselben Problematik. Aber genau dieser Doubling, inklusive f-e- c-Tap "triple roll", klappen überraschend gut auf D, im Gegensatz zum einzelnen e-Vorschlag auf D.

      Ein Disclaimer von vornherein: Diese Beobachtungen sind am stärksten bei der Güntzel-Spielpfeife zu beobachten, results may vary bei anderen Herstellern und Rohrblättern.
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass diese konkrete Spieltechnik-Palette, die ich hier für den Marktsack vorschlage, NICHT von mir selbst "erfunden und erdacht" ist, sondern eine Zusammenstellung dessen ist, was vor mindestens(!) einem Jahrzehnt bereits von viel besseren Marktsackspielern in der einen oder anderen Form formuliert wurde.

      Beispiel 1. Franz-Christian Schaden.

      Beispiel 2. Arno Eckhardt.

      Beispiel 3. Nils Plogstadt
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Ein anderer Aspekt der Marktsackmusik welcher m.M.n. ihrer Entwicklung im Wege steht, ist die fast völlige Abwesenheit einer Kultur des Solo-Spiels!

      Mazedonische/bulgarische Gajda, Uilleann Pipes, Böhmischer Bock, Great Highland Bagpipe, Gaita Gallega, italienische Zampogna, usw., die meisten wenn nicht fast alle ungebrochenen Sackpfeifentraditionen haben eine ausgeprägte und oft dominierende Darbietungsart welche auf Solo-Darbietungen aufbaut. Sprich, es gibt nur 1 Sackpfeifer/in (oder maximal 2), alle anderen Instrumente mit denen gespielt wird sind keine Sakpfeifen. D.h. der/die Sackpfeifer/in muss die Qualität ihrer Musik komplett selbst verantworten, da diese Musik sich sehr gut von anderen Instrumenten klanglich abhebt. Dadurch, so mein Verständnis, ist spieltechnisches Können (wie bei jedem Solisten, egal welchen Instrumentes) einfach eine nötige Voraussetzung.

      Anders ist es bei Bands, die 3+ Sackpfeifer/innen aufstellen. Der Klangteppich, der dabei erzeugt wird, ist sehr gut dazu geeignet Fehler und Unstimmigkeiten zu verdecken, besonders wenn alle unisono spielen oder Mikrofonierung/Verstärkung im Spiel ist. Leider ist es so, dass diese 3+ Darbietungsart seit mehr als 30 Jahren in der MA-Szene schlichtweg den Standard darstellt, mit dem Effekt dass selbst wohlbekannte MA-"Urgesteine", die mit ihren legendären Bands schon seit 20+ Jahren auf MA-Bühnen zum "JuuuBeeeeL !!!" aufrufen, kaum in der Lage sind solo zu spielen, da sie sich komplett und ganz auf 3+ Sackpfeifer-Kombos spezialisiert haben! Man kann tatsächlich bei einer MA-Band mit 4 Sackpfeifer/innen als vierter im Bunde einfach mal im Hintergrund stehen, den Bordun abschalten, nur die allernötigsten Töne vor sich geben um den Rest den Technikern und den Kollegen zu überlassen.

      Diese Darbietungsart macht ja Sinn, wenn man z.B. schottische Pipe Bands anschaut; oft dutzende unisono spielende Piper. Die Gründe und der Sinn dahinter sind aber ganz spezifisch auf die militärischen Wurzeln dieser Praxis zurück zu führen. Marktsackmusik ist aber voll und ganz Unterhaltungsmusik, dazu muss man weder marschieren noch ist diese auch nur irgendwie "zeremoniell".

      Deswegen muss man einfach zwangsläufig annehmen dass die 3+ Darbietungsart in der MA-Szene schlichte kommerzielle Gründe hat. Man kann mit relativ wenig Können und Aufwand auf Märkten gute Bierzelt-Stimmung schaffen, und das reicht den meisten MA-Bands offensichtlich... Keine Gründe sich und das Instrument musikalisch zu entwickeln.

      Tja, wie war das in den 80ern und 90ern mit "True Punk" VS "Kommerz"??? :D
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