Förderung von Sackpfeifenmusik in der Gesellschaft

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    • Förderung von Sackpfeifenmusik in der Gesellschaft

      Ich Grüße die verehrten Sackpfeifer!

      Dies wird wohl mein letzter Thread in diesem Forum für die kommenden Jahre bleiben, denn ich habe hier so gut wie alle Themen abgearbeitet die ich wollte.

      Die gesamte Sackpfeifenmusik hierzulande hat sich laut meinen Beobachtungen über die letzten Jahrzehnte hinweg in eine Position manövriert, die ihrer Förderung bzw. Entwicklung massiv im Wege steht, und zwar auf mehrere Art und Weisen. Ich schlage vor diesen Umstand in diesem Thread zu diskutieren, zum Zwecke der aktiven Überwindung dieser Hindernisse. Ich fange einfach mal an mit den, in meine Augen, gröbsten Schnitzern.

      1). Dudelsack = martialisch!
      Es ist wohl die Popularität der GHB und der schottischen Pipe Bands welche die Vorstellung prägten, Dudelsack sei "kriegerisch", "grob", "barbarisch", "von der Kirche/Obrigkeit als 'Teufelsinstrument'/'Kriegsinstrument' verboten", usw., usf. Obwohl die GHB die heute wohl einzige Sackpfeifenart ist, die tatsächlich eine ungebrochene Tradition als "Militärdudelsack" klar und deutlich vorweisen kann, strahlt dieses Erbe irgendwie auf alle anderen Sackpfeife aus. Dadurch ist die Erwartung des breiten Publikums entsprechend geprägt, grob generalisierend kann man sagen, der durchschnittliche Zuhörer erwartet vom Sackpfeifer eine martialische Show, wo die eigentliche Musikqualität im Großen und Ganzen nebensächlich ist. Dies hat dann folgendes zu Folge...

      2). Die Dominanz der Pipe Bands
      Ob jetzt die klassische schottische Pipe Band, ein MA-Formatio mit drei bis fünf unisono spielenden Marktsackern oder eine französisch-halbgeschlossen-Session die komplett aus Schäferpfeifern besteht, die Art und Weise dieser Darbietung an sich lässt viele Wege offen zum "cheaten". Sprich, wenn die Pipe Band laut und schnell genug ist, was die meisten eben sind, lassen sich viele spielerische Unzulänglichkeiten wie Druckschwankungen, "crossing noises", fehlende Spieltechnik und Taktfehler sehr gut akustisch überdecken. Das Ganze bedient "das Martialische" besonders gut, das Publikum ist zufrieden, und von dem halben Dutzend Sackpfeifer müssen höchstens zwei im Vordergrund stehen und mehr oder weniger spielen können. Dadurch entsteht eben der Effekt, dass sehr viele Sackpfeifer reine Pipe Band - Spieler sind, die selbst nach 20-30 Jahren Pipe Band Erfahrung kein Sackpfeifen-Solo zu geben vermögen, weil sie es schlichtweg noch nie machen mussten! Und das nur weil sie in der ganzen Zeit nie gezwungen waren an ihrer Spieltechnik und Darbietung ernsthaft zu arbeiten!

      3). Veränderungen im Musiknutzungs-Verhalten der Bevölkerung
      ard-media.de/fileadmin/user_up…106_Clement_Kandziora.pdf
      suedkurier.de/ueberregional/ku…-ausgeht;art10399,9580399
      Fakt ist, es wird heute hauptsächlich Musik "aus der Dose" gehört, HipHop und Rap sind zumindest unter jungen Leuten die populärsten Musikrichtungen und die klassischen "gitarrenbasierten" Stilrichtungen wie Rock, Punk und Metal scheinen ernsthafte Nachwuchs- und Nachfrageprobleme zu haben. Dies hat meinen Beobachtungen nach auch auf die MA-Märkte und die Sackpfeifenmusik direkte Auswirkungen, die schon anderswo ausgiebig diskutiert wurden. Im Klartext - der klassische organisierte Bühnen-Auftritt verliert immer stärker an Relevanz.

      Lösungsvorschläge....

      Zu 1).
      Es täte der gesamten Sackpfeiferszene gut, sich endlich mal von alles "derb-martialischem" zu distanzieren, und die Sackpfeife so zu verwenden, wie sie eigentlich historisch verwendet wurde; als alltägliches Musikinstrument welches zum Tanz aufgespielt wurde und geselliges Beisammensein förderte!

      Zu 2).
      Der Solo-Vortrag bzw. Solo-Sackpfeifertum müsste in den Köpfen der Szene zum "Goldstandard" werden, die massige Pipe Band sollte man lieber dort lassen, wo sie auch hingehört - bei schottischen Militärparaden!

      Zu 3).
      ... und wie erreicht man 1). und 2). am Besten, so dass sich 3). von selbst ergibt?
      Ich glaube, dies kann man bewirken durch die Veränderung der Darbietungspraxis! Bulgarien z.B. hat heute die höchste Sackpfeiferdichte Europas, die Gaidar sind dort weit außerhalb der Konzerthallen vertreten. Sie begegnet man auf Straßen, auf Hochzeiten, bei örtlichen Festen, usw. Hierzulande ist man aber bis heute irgendwie auf offizielle Konzerte und Bühnen fixiert wenn es um Sackpfeifenspiel geht, kaum jemand geht einfach mal in die Natur bzw. in Stadtparks raus, dort wo Musizieren explizit erlaubt ist, und spielt einfach ma los. Nicht weil es Gage gibt, sondern einfach weil man Sackpfeifenmusik liebt und möchte dass es auch andere hören! Wenn man die Sackpfeifen in Form von Straßenmusik verstärkt in das Alltagsleben der Menschen bringt, werden diese öfters gehört, dadurch wächst die Reichweite der Szene und die Kompetenz des breiten Publikums was Sackpfeifen angeht. Im Gegensatz zum Solo-Vortrag werden die MA - Pipe Bands auf eine natürliche Art und Weise aus der Straßenmusik ausgesiebt, indem diese den Unmut der Passanten und Spaziergänger auf sich ziehen. Denn diese Art von Darbietung kommt außerhalb des Bierzeltes auf der Straße eher schlecht an, das kann ich als Augenzeuge bestätigen.

      HIER ist ein Beispiel einer Session. Warum sind unsere Sackpfeifer auf diesselbe Art- und Weise fast nirgendwo zu sehen???

      Nur um ein konkretes Beispiel zu nennen:
      youtube.com/watch?v=z-kuDZ4-htg
      Michael Vereno hat sich als Wandermusikant versucht, und hatte im Zuge seines Projektes nur Positives zu berichten! Ich selbst musiziere seit Jahren immer wieder in der Natur bzw. Parks, privat, für mich selbst, ohne "Hutgeld" o.ä. und teile die Erfahrungen von Michael was die Reaktion von Passanten angeht.

      Das Verlagern der Sackpfeifenmusik von der Bühne hin ins Freie, auf Straßen, Parks und Naturgelände ist doch die echte Alternative zur Förderung der qualitativen Sackpfeifenmusik in vielerlei Hinsicht!


      Das aber ist eben nur meine persönliche Sicht der Dinge.



      Grüße, George
      Slow equals smooth and smooth equals fast

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von George ()

    • Moin,

      Nun muss ich direkt zu Beginn sagen, dass ich erst seit Kurzem das Markttreiben (nach Corona) und auch erst seit 1 1/2 Jahren Markstack und Hümmelchen lerne.

      Meine Wahrnehmung ist bisher aber eine deutlich andere.
      Zum einen ist der Kreis an SpielerInnen, in dem ich mich bewege sehr darum bemüht, sowohl technisch als auch rhythmisch ein hohes Niveau zu erreichen.
      Auch wenn ich auch schon Spieler auf Märkten erlebt habe, die das von dir genannte "Hauptsache schnell!", potentiell sogar gepaart mit wenig Kenntnis des eigenen Instruments, an den Tag legen, würde ich das nicht als Regel sehen.
      Auf der anderen Seite kann ich Punkt 1 absolut nicht nachvollziehen- das habe ich so noch nie gehört und selbst in der kurzen Zeit, in der ich auch draußen übe, wurde ich von vielen Leuten sehr interessiert angesprochen - niemand hat auf mich den Eindruck hinterlassen, dass sie von mir einen Kriegstanz erwarten.

      Wo ich zustimme ist, dass man versuchen sollte , die Sackpfeife wieder unters Volk zu bringen, gerne auch leiser, anstatt nur knallig auf der Bühne - aber auch das passiert mit leiseren Varianten auf den Märkte bereits.

      Nur da wird es tatsächlich schwieriger, denn ja, als Solist muss man technisch schon etwas mehr bieten, als man als Einzelner mit 2 anderen Pfeifen daneben leisten muss.
      Und da stellt auch dann auch heraus, dass eine Sackpfeife durchaus herausfordernd sein kann - nicht nur aber auch weil sie melodisch eingeschränkt sein kann (nicht muss, es gibt aktuelle Modell mit ausgeprägter Chromatik).

      Jetzt spreche ich natürlich nur mit meiner Wahrnehmung aus der Blase, in der ich mich bewege und was ich kenne.
      Aber ich möchte dennoch deinen Ausführungen zum Teil widersprechen - ich denke, dass wir aktuell sehr starken Nachwuchs bekommen, der besser musikalisch ausgebildet wird, als es in der MA Szene wahrscheinlich jemals der Fall war.
      Viele Sackpfeifer haben sich (eben aufgrund der fehlenden Tradition) selbst das Spielen beigebracht und die letzten 30 Jahre wurde eine eigene Tradition daraus.
      Jetzt braucht es eben noch etwas Zeit das weiter zu entwickeln.
    • @Schelmenkopf
      Ja, so war es bisher... Meine Position ist die folgende.
      Wir leben in Zeiten von drastischen Veränderungen in allen unseren Lebensbereichen, und der Musikkonsum ist absolut keine Ausnahme. Soll heißen, was und wie bei uns in ein Paare Jahren gehört wird, ob aus der "Dose" oder "live", ist reines Kaffeesatz-Lesen. Wir wissen es nicht und können es auch grundsätzlich nicht wissen. Wenn die Krise der bestehenden Darbeitungsarten sowie die Tendenz zur Verringerung des allgemeinen Musikkonsums anhält, wird, aus meiner Sicht, einmal der Tag kommen wo komplett neue Formen des Musikkonsums entstehen werden, die womöglich ziemlich wenig mit dem haben werden was wir zwischen 1960-ern und 2000-ern gehabt haben.

      Und an der Stelle hat qualitativ hochwertige Sackpfeifenmusik sehr gute Chancen die Charts, Wohnräume und Partys zu erobern, denn wenn das Bisherige beim Zuhörer "in Ungnade" fällt, entsteht ein musikalisches Vakuum was gefüllt werden möchte.

      Man müsste halt eben seine "Bewerbung" rechtzeitig abgeben... ^^
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Kriegsi schrieb:

      Auf der anderen Seite kann ich Punkt 1 absolut nicht nachvollziehen- das habe ich so noch nie gehört und selbst in der kurzen Zeit, in der ich auch draußen übe, wurde ich von vielen Leuten sehr interessiert angesprochen - niemand hat auf mich den Eindruck hinterlassen, dass sie von mir einen Kriegstanz erwarten.
      Das ist ja auch der gewünschte Effekt des Solo-Spiels, im Gegensatz zu einer MA - Pipe Band fehlt Ihnen der brachiale Klangteppich für jenen "Kriegstanz" ^^

      Schelmenkopf schrieb:

      Was allerdings an Arbeit für unsere heimischen Sackpfeifenarten wie Hümmelchen, Bock und Schäferpfeife - in Form von Seminaren, Spielkursen, etc. geleistet wurde - muss man anerkennen.

      Kriegsi schrieb:

      Meine Wahrnehmung ist bisher aber eine deutlich andere.
      Zum einen ist der Kreis an SpielerInnen, in dem ich mich bewege sehr darum bemüht, sowohl technisch als auch rhythmisch ein hohes Niveau zu erreichen.

      Aber ich möchte dennoch deinen Ausführungen zum Teil widersprechen - ich denke, dass wir aktuell sehr starken Nachwuchs bekommen, der besser musikalisch ausgebildet wird, als es in der MA Szene wahrscheinlich jemals der Fall war.


      Viele Sackpfeifer haben sich (eben aufgrund der fehlenden Tradition) selbst das Spielen beigebracht und die letzten 30 Jahre wurde eine eigene Tradition daraus.
      Jetzt braucht es eben noch etwas Zeit das weiter zu entwickeln.
      Und genau darum geht es!

      Unsere Sackpfeifer hierzulande sind, trotz aller bemerkenswerter Fortschritte, heute nach wie vor 30 Jahren immer noch überwiegend Individualisten, nicht dass sie das so wollen, sondern sie werden größtenteils durch die Umstände dazu gezwungen in ihnrer stillen Stube für sich allein zu spielen. Klar gibt es gemeinsame Sessions, aber ein Blick auf die Karte der SessionFriends verrät uns z.B. dass diese verhältnismäßig rar gesät sind, selbst für relativ stark urbanisierte Lebensräume. Es fehlt quasi der "alltägliche Raum" für Sackpfeifenmusik, jenseits einmal in ein Paar Monaten stattfindenden Sessions und Märkte/Festivals. Orte, wo Sackpfeifenmusik um ihrer selbst willen tagtäglich gehört und gespielt wird, ohne Beiwerk für etwas anderes zu sein.

      Und was den MA-Markt angeht, es war noch NIE eine dedizierte Musikveranstaltung! MA-Mucke, Folk, das war seit je her stimmungsmachendes Beiwerk mit dem Ziele eine gewisse Atmosphäre zu erzeugen, konkret um Musik und ihre Qualität ging und geht es gar nicht. Und wenn man bedenkt wie sich die MA-Märkte in letzten 5 bis 7 Jahren entwickelt haben, habe ich richtig Bauchschmerzen die Märkte als eine ernst zu nehmende Plattform für Sackpfeifer zu bereichnen.

      Straßenmusik, freie Natur- und Parksessions, "Küchenpartys", die Sackpfeiferszene braucht, meiner Meinung nach, in erster Linie ihre eigenen Räume/Orte und das ohne Kompromisse.
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Ich verstehe, worauf du hinaus willst, George. Und grundsätzlich teile ich deine Einschätzung auch in jeder Hinsicht. Aber ich frage mich, ob ein gewisser Teil der Sackpfeifer nicht auch gerne Individualisten bleiben wollen. Ich spreche hier nur für mich, könnte mir aber vorstellen, dass es auch anderen Leuten so geht. Ich persönlich LIEBE mein Hümmelchen und freue mich jeden Tag darüber. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich gerne alleine spiele. Ich scheue den Kontakt mit anderen Dudelsackern, weil ich selbst halt einfach nicht gut genug bin, um Sessions o.ä. zu spielen. Ich dudel halt so vor mich hin und bin glücklich damit. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das bei anderen auch so ist. Zumal es auch immer Leute gibt, die gerade gegenüber Anfängern oder leicht Fortgeschrittenen recht gnadenlos mit ihrer Kritik sind - auch hier im Forum übrigens. Daher rührt bspw auch meine Zurückhaltung, in der Öffentlichkeit oder gar mit anderen (und besseren) Dudelsackern zu spielen - von einer bisherigen Ausnahme (Hochzeit einer Verwandten, bei der ich dann gefragt wurde, wo denn mein Schottenrock sei) mal abgesehen.

      Man darf überdies nicht vergessen, dass der Dudelsack nunmal ein Nerdinstrument ist und dass einige Spieler dann halt auch Nerds sind, die gerne für sich sind.

      Ein weiterer Aspekt, wenn man für sich alleine spielt, ist dass es keine Arbeit, sondern ein Hobby ist. Man muss niemandem was beweisen, man muss nicht an Tag X Fortschritt Y erzielt haben oder ähnliches. Man kann komplett in seinem eigenen Tempo arbeiten und wenn man halt mal drei Wochen keine Zeit zum üben hat, ist es eben so.
    • ... und hier ist ein perfektes Beispiel dafür dass selbst schottische Piper gegenüber negativen Einflüssen der massigen Pipe Bands nicht gefeit sind!

      Eine Pipe Band direkt aus Schottland, die Gordonstoun School Pipe Band, und gleich am Anfang gab es ein Solo von einem Mitglied, welcher der Rolle eindeutig (noch) nicht gewachsen ist. Schwimmender Takt und unzureichende Spieltechnik stehen im starken Kontrast zu dem Rest des Vortrages wo alle gemeinsam spielen. Ja, es ist eine Schulband, die Spieler sind sehr jung, aber in solchen Fällen muss der Pipe Major 1). einen kompetenten Soloisten aufstellen, oder 2). selbst das Solo liefern! Ein solches Konzert ist quasi die Visitenkarte der Schule, aber der Fakt, dass hier, in einer Schul - Pipe Band aus Schottland (!!), laut meinem Eindruck eine "dat passt scho, merkt eh keiner!" - Mentalität durchschimmert, finde ich sehr bedenklich.

      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • @Blooddigger
      Vor 30 Jahren gab es sie, Häufchen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen die auf Stränden, Treppen oder sogar einfach auf dem Großstadtpflaster saßen und zusammen Lieder gröllten, wobei einer von ihnen fleißig auf einer Akustikgitarre "schrubbte". Besonders in Osteuropa/ehem. DDR sammelte man sich nach der Arbeit um einen Akkordeonspieler herum. Das empfand man als normales geselliges Beisammensein. Heute ist davon bei uns fast gar nichts mehr zu finden :(
      - der Musikkonusm sinkt kontinuierlich
      - die Live-Musik-Szene verschob sich während der Pandemie von den Bühnen hin zu Live-Streams
      - Gitarrenverkauf-Boom seit 2020 (Quelle: rollingstone.de/fender-rekordj…fe-gitarren-boom-2030863/ ) gerade während der großen Livemusik-Pause von 2020 bis 2022

      Es sieht so aus als ob individuelles Musizieren in der eigenen stillen Stube schon länger ein Massenphänomen ist und betrifft so ziemlich alle Musikinstrumente, nicht nur Sackpfeifen! So gesehen, müsste man sich hier fragen; Welches Musikinstrument ist denn heute kein "Nerd-Instrument"??? Sind wir nicht alle schon längst "stubenhockende Musiknerds", ob professionelle ViolinistInnen und Alt-Rocker die pandemiebedingt seit Jahren zu Hause hocken weil es keine Gigs gibt, oder der/die 17-jährige(r) Jugendliche(r) mit seiner Akustikgitarre wo er/sie gerade mal die allernötigsten Akkorde beherrscht?

      Blooddigger schrieb:

      Zumal es auch immer Leute gibt, die gerade gegenüber Anfängern oder leicht Fortgeschrittenen recht gnadenlos mit ihrer Kritik sind - auch hier im Forum übrigens. Daher rührt bspw auch meine Zurückhaltung, in der Öffentlichkeit oder gar mit anderen (und besseren) Dudelsackern zu spielen
      Das wäre durchaus ein Thema für sich...
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Blooddigger schrieb:

      Ich verstehe, worauf du hinaus willst, George. Und grundsätzlich teile ich deine Einschätzung auch in jeder Hinsicht. Aber ich frage mich, ob ein gewisser Teil der Sackpfeifer nicht auch gerne Individualisten bleiben wollen. Ich spreche hier nur für mich, könnte mir aber vorstellen, dass es auch anderen Leuten so geht. Ich persönlich LIEBE mein Hümmelchen und freue mich jeden Tag darüber. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich gerne alleine spiele. Ich scheue den Kontakt mit anderen Dudelsackern, weil ich selbst halt einfach nicht gut genug bin, um Sessions o.ä. zu spielen. Ich dudel halt so vor mich hin und bin glücklich damit. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das bei anderen auch so ist. Zumal es auch immer Leute gibt, die gerade gegenüber Anfängern oder leicht Fortgeschrittenen recht gnadenlos mit ihrer Kritik sind - auch hier im Forum übrigens. Daher rührt bspw auch meine Zurückhaltung, in der Öffentlichkeit oder gar mit anderen (und besseren) Dudelsackern zu spielen - von einer bisherigen Ausnahme (Hochzeit einer Verwandten, bei der ich dann gefragt wurde, wo denn mein Schottenrock sei) mal abgesehen.

      Man darf überdies nicht vergessen, dass der Dudelsack nunmal ein Nerdinstrument ist und dass einige Spieler dann halt auch Nerds sind, die gerne für sich sind.

      Ein weiterer Aspekt, wenn man für sich alleine spielt, ist dass es keine Arbeit, sondern ein Hobby ist. Man muss niemandem was beweisen, man muss nicht an Tag X Fortschritt Y erzielt haben oder ähnliches. Man kann komplett in seinem eigenen Tempo arbeiten und wenn man halt mal drei Wochen keine Zeit zum üben hat, ist es eben so.
      Das kann ich mehr fach unterschreiben.

      Was die gnadenlose Kritik anbetrifft:

      nur die wenigsten lernen es ohne bzw. was ohne herauskommt, ist oft auch grausam für die zuschauer. ist übrigens im Sport und in vielen beruifen genauso.

      Man muss das daher einfach abkönnen, ansonsten ist man falsch. Die Kritik muss als Anregung und Anspron aufgefasst werden; nicht als Herabsetzung und Beleidigung. Aussagen wie "Du spielst richtig schlecht, kannst nochmal von vorn anfangen.... das ist ein lausiges Getröte... Denn Du machts das und das falsch...hab ich Dir aber schon mal gesagt...wann machst Du es endlich richtig..." sind mehr als in Ordnung. Aussagen, die persönlich beleidigend sind und keinen Ansatz bzgl. Aufgzeigen von Verbesserungsmöglichkeiten enthalten sind es dagegen nicht.

      George schrieb:

      ... und hier ist ein perfektes Beispiel dafür dass selbst schottische Piper gegenüber negativen Einflüssen der massigen Pipe Bands nicht gefeit sind!

      Eine Pipe Band direkt aus Schottland, die Gordonstoun School Pipe Band, und gleich am Anfang gab es ein Solo von einem Mitglied, welcher der Rolle eindeutig (noch) nicht gewachsen ist. Schwimmender Takt und unzureichende Spieltechnik stehen im starken Kontrast zu dem Rest des Vortrages wo alle gemeinsam spielen. Ja, es ist eine Schulband, die Spieler sind sehr jung, aber in solchen Fällen muss der Pipe Major 1). einen kompetenten Soloisten aufstellen, oder 2). selbst das Solo liefern! Ein solches Konzert ist quasi die Visitenkarte der Schule, aber der Fakt, dass hier, in einer Schul - Pipe Band aus Schottland (!!), laut meinem Eindruck eine "dat passt scho, merkt eh keiner!" - Mentalität durchschimmert, finde ich sehr bedenklich.


      Sorry, aber das ist ein ziemlicher Käse:

      Erstens:

      Das ist kein öffentliches Konzert, sondern eine Teilnahme an einem Wettbewerb von Bands bzw. Einzelspielern innerhalb von öffentlichen Highland Games. Es wird dort nicht für die Zuschauer gepipt, sondern für die Judges. Die Zuschauer sind nur Beiwerk, die anlässlich der Games eben da sind. Diese Veranstaltungen sind dazu da, dass sich auch Nachwuchsbands präsentieren und dann von den Judges einen Bewertungszettel mit Angaben bekommen, was sie falsch machen etc. - eben, um zu verhindern, dass sie bei einem "richtigen Auftritt" diese oder jene Fehler auch (wieder) machen. Zum Schluß gibt es eine EInstufung in div. grade, je nach Qualität des Gespielten.

      Konzerte, wie Du sie meinst, sind die sog. Tatoos, da passierren Fehler nicht bzw. werden nur Profis zugelassen.

      Zweitens:

      So schlecht ist das Solo - Highland Cathedral - auch für einen Anfänger nicht. Dass sich das Ganze "en mass"besser anhört, hat nichts mit "dat passt schon, merkt eh keiner" zu tun , sondern primär mit dem Stück selbst. Es ist für einen Solopiper an sich nicht wirklich geeignet und dafür auch nicht gedacht. Insbesondere die F-G-High A in dieser Ansammlung klingen immer schwammig oder friebselig.

      Es ist für einen Solopiper nur als "Intro" gedacht und die Wirkung an sich, kommt durch das orchestrale Zusammenspiel. Das dabei sicher auch der eine oder andere Fehler untergeht, stimmt. Das ist aber jedem orchestralen Zusammenspiel von Instrumenten der Fall.

      Hinzu kommt, dass insbesondere bei solchen Anlässen oft der jüngste oder einer der jüngeren Nachwuchspiper für das Solo bestimmt wird. Das hat was zwischen Ansporn, Ehrzumessung oder Schicksalsstrafe an sich (und ist oft genug Anlass für Witze - Stichwort "Einen triffts immer..."). Es ist also eher die Regel, denn die Ausnahme, dass der Solist das bei solchen Anlässen noch nicht perfekt kann.

      Profis haben damit auch ihre Probleme bzw. wenn es perfekt klingen soll, braucht es nicht nur jahrelange Erfahrung, sondern auch ein exzellentes Instrument und eine entsprechende Akustik. insbesondere im freien gespielt, ist letztere oft schwer hinzubekommen.

      Hier mal ein Beispiel- aber da stimmt eben auch das Vorgenannte - und es ist eben ein Tattoo und kein Wettbewerb von Nachwuchskräften: Highland Cathedral - R. Bromhead

      Und um hier wieder die Kurve von der harschen Kritik zur Verbesserungsmöglichkeit: Informiere Dich bitte besser, bevor Du Dich zu etwas äußerst.

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Ralph ()

    • @Ralph

      Und wie der Zufall so will, war ich bei den Highland Games in Trebsen letztes Wochenende als Besucher anwesend.
      Ja, es war reger Wettbewerbsbetrieb, Fehler, Aussetzer, alles was es gibt. Da rege ich mich überhaupt nicht auf.

      In diesem Thread geht es uns aber um die Wirkung auf und Akzeptanz bei der breiten Bevölkerung. Bei Solo-Wettbewerben bekam man deutlich mit was gut und was nicht gut lief, der/die Judge gibt die Einschätzung ab und die Piper unterhalten sich untereinander und geben Tipps und Tricks zum Besten. Für den unbedarften Zuschauer war die Qualität des Vortrages somit klar und deutlich nachvollziehbar. Der Kontext ist da, sie hören die Beurteilung des Spiels, und wissen damit "aha, das war weniger gut, deswegen klang die Pipe so nervig/nicht schön/usw.". Selbst wenn Solisten im Gebüsch geübt haben, wusste ja jeder das ist nix fürs Publikum, das ist Übung & Vorbereitung, dementsprechend stellte keiner irgendwelche Erwartungen und die Leute blieben neben diesen selten stehen. Aus meiner Sicht, bringen solche Solo-Wettbewerbe sehr viel, nicht nur für Piper und Judges, sondern auch für Zuschauer!

      ... aber nach den Wettbewerben haben die Pipe Bands für sie Besucher gespielt, die eben nicht als "Beiwerk" sondern tatsächlich als Zielgruppe da standen! Gespielt mit all den Unzulänglichkeiten, der "Einleitungs-Solist" einer Band klang sogar erstaunlich ähnlich dem der "Gordonstoun School Pipe Band" was Spielniveau angeht. Man ging, bildlich gesprochen, vom Wettbewerb gleich zum "Tattoo" über, und zwar auf demselben Spielniveau. Kein weiterer Kontext, keine Judges die das Gehörte für alle korrekt einordnen, kein weiteres fachliches Kommentar. Der Zuschauer war sich selbst und seinen Ohren überlassen.

      Und eben da entsteht für die Zuschauer der Eindruck, das die Pipe-Band-Spiel inkl. Solist spielen "wie es sein soll". "Der Dudelsack" ist dann "so", diese ganzen Technikalitäten der Piper-Szene (Wettbewerb, Tattoo, Anfänger, usw.) sind den einfachen Leuten einfach mal unbekannt. Sie schauen sich die tollen Kostüme an, und ziehen weiter mit ihrem rustikalen Schinkenbrot & Pilzpfanne, eben wie auf einem "Mittelaltermarkt", mit dem Eindruck im Hinterkopf "der Dudelsack klingt sche....".

      Wie ich schon sagte, es scheint eben ein typisches Problem der Pipe-Bands zu sein, denn Solo-Wettbewerbe fand ich persönlich super und sehr lehrreich für alle Anwesenden!
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • @Ralph
      Och... Ich bin doch nur ein bescheidener Pädagoge der die Sache aus der Sicht des gemeinen Zuschauers sieht und dementsprechende Schlüsse zieht. Und meine pädagogisch-fachliche Meinung ist, der Solo-Wettbewerb und Solo-Piping ist in allen Belangen den Pipe-Bands überlegen, wenn es darum geht die Sackpfeifenmusik dem unbedarften Zuschauer näher zu bringen und diese somit zu fördern.

      Ralph schrieb:

      Auf dieser war im übrigen keine einzige Profi-Band am Start, von der man etwas Fehlerfreies hätte erwarten dürfen.
      Und gerade das war das Beste daran! Ich fands SUPER!
      Man konnte sein eigenes Können dadurch klar einordnen, sich mit Gleichgesinnten austauschen, anstatt auf abgehobene Piping-Stars zu starren.
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • George schrieb:

      .

      Ralph schrieb:

      Auf dieser war im übrigen keine einzige Profi-Band am Start, von der man etwas Fehlerfreies hätte erwarten dürfen.
      Und gerade das war das Beste daran! Ich fands SUPER!Man konnte sein eigenes Können dadurch klar einordnen, sich mit Gleichgesinnten austauschen, anstatt auf abgehobene Piping-Stars zu starren.
      Erst hast Du Dich über Nicht-Profi-Pipebands erhoben und sie runtergemacht, Dich über deren Unvermögen...über das schlechte Bild, das sie für die Sackpfeiffenszene in der Öffentlichkeit abgeben, echauffiert....

      Jetzt bist Du froh, dass Du Dich mit diesen, Deiner Diktion nach doch Unfähigen, austauschen konntest und niemand aus der Profiszene anwesend war...

      Interessant... solch fachkundige Attitüde fördert sicher die Sackpfeifenmusik in der Gesellschaft.

      Welche "abgehobenen Pipingstars" kennst Du denn eigentlich aus eigenem Erleben ?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Ralph ()

    • @Ralph

      Das ist recht einfach: Nicht-Profi-Bands und Solisten sind toll! wenn sie gegeneinander in Wettbewerben spielen und sich untereinander austauschen im Kontext eines Wettbewerbes wo Judges anwesend sind und diese Bands/Solisten öffentlich vorm unbedarften Zuschauerpublikum bewerten. Da weiß das Publikum obs gut oder schlecht gespielt wurde. Nicht-Profi-Bands und Solisten sind schlecht! wenn diese vorm besagten Publikum auftreten ohne genügend Skills aufgebaut zu haben und es ist keiner da der/die dem Publikum das unzureichende Spielniveau begreiflich macht.

      Beispiel aus Trebsen 2022: Eine Solo-Piping "Arena", zwei recht junge Spieler, ein Drummer und ein Piper. Diese spielen vom Judge, und wenn sie anschließend aus dem Arena-Zelt rausgehen, hat ihr Pipe-Major denen offen, für alle Zuschauer hörbar, seine Meinung gesagt. Das lief nicht gut, das auch, usw. Feedback nicht nur für die Spieler, sondern für alle Anwesenden.

      Ralph schrieb:

      Welche "abgehobenen Pipingstars" kennst Du denn eigentlich aus eigenem Erleben ?
      Ich werde hier in einem öffentlichen Forum ganz gewiss keine Namen nennen.
      Slow equals smooth and smooth equals fast

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von George ()

    • Ralph schrieb:

      Aha...gibt also wohl keinen, den Du erlebt hast. Tyische Reaktion, wenn man etwas pauschal behauptet, konkret aber nichts dahintersteht.
      Na, zum Beispiel *diese* Person.
      Die nahm sich so furchtbar ernst, Kleidung, das Salutieren, schottischer als die Schotten selbst, einfache Fragen seitens "Zaungäste" und meiner Wenigkeit wurden brüsk abgewatschelt - man konzentriere sich auf die Performance und kann jetzt nicht rum quatschen! Nur die Solo-Show selbst war, wie soll ich sagen, nichts herausragendes. Genauso habe ich es schon mal dutzendfach gehört.

      Oder *jene* Person.
      Hat soooviel Zeit gebaucht um zu erklären wie der Marktsack musikalisch nix kann und wie der Schottensack ein non-plus-Ultra wäre, nur um dann persönlich beleidigt zu reagieren wo ich, als Zuschauer, nicht wirklich einen klanglichen Unterschied zwischen der Performance *dieser* Pipe-Band (zu welcher *jene* Person gehört) und eine 08/15 MA-Marktband zu erkennen vermochte. Eben damals schon kam mir schleichend die Erkenntnis dass eine Pipe-Band eben immer eine bleiben wird, ungeachtet der verwendeten Sackpfeifen.

      Eine dritte Person, ein quasi All-Star der deutschen Piping-Szene...
      Dürfte ich persönlich kennen lernen. Sehr aufgeschlossen, positive Ausstrahlung, man kam leicht ins Gespräch. Keine Spur von Arroganz. Absolut hochkarätiges Können auf der Highland Pipe.

      For what it's worth...
      Slow equals smooth and smooth equals fast
    • Auf den Punkt gebracht...

      Ich glaube man kann die Situation des Marktsackes hierzulande mit diesen zwei Videos zusammenfassen.

      youtube.com/watch?v=gF2plvgXdwA
      youtube.com/watch?v=ZbDMU39Haqw

      Es ist Wim von Corvus Corax welcher wohl Ende 2006 bzw. Anfang 2007 gefilmt wurde und welcher ein spieltechnisch sehr gutes Marktsack-Solo abliefert. Ja, er ist so gut, dass diese zwei Video für mich bis heute absolut hörenswert sind! Und er war in der MA-Szene der 2000er ja bei weitem nicht alleine der/die solche spieltechnisch absolut soliden Solo-Darbietungen drauf hatte. Es wurde noch freudig experimentiert, sowhol klang- als auch spieltechnisch.

      Aber zu Beginn der 2010-er zeichnete sich plötzlich eine Kehrtwendeab, die ich quasi live miterleben dürfte - die Szene hat auf einmal einfach aufgehört zu experimentieren, immer mehr Marktsack-Spieler vereinigten sich zu "MA Pipe Bands" und es wurde immer stärker auf simple und bewährte Darbietungsarten gesetzt die volle Bierzelte garantierten. Lauter Klangteppich, "Marktsprech" mit rauher Stimme und Sprüche die noch Tippelklimper in den 1980ern ausgiebig verwendet haben. Dieser Effekt ist ja bekannt, die Unterhaltungsindustrie wurde während des letzten Jahrzehnts generell immer risikoscheuer und setzte immer stärker auf "Bewährtes" um Profite nicht zu gefährden. Es dürfte ja keinen verwundern dass dieser Effekt auch in der MA-Szene zu finden sei.

      Im Falle des Marktsackes führt dieser Effekt aber genau dazu dass die musikalische Entwicklung dieses noch sehr jungen Instrumentes effektiv behindert werde.

      Die Solo-Darbietung muss der "Goldstandard" der Szene sein, ja, aber wenn man sich doch anschaut wieviele bekannte/etablierte Solo-Sackpfeifer außerhalb der GHB Piping Szene wir im deutschsprachigen Raum überhaupt haben die auch professionell genug sind ein Konzert alleine zu geben... Michael Vereno, Mick Loos, Christoph Pelgen, Matthias Branschke, Nils Plogstedt, Kristina Künzel, Daniela Heiderich, Ralf Gehler, Brian Haase... Da hörts nämlich auch wieder auf. :( 80 Millionen Einwohner und nur eine handvoll Leute die als Sackpfeifen-Solisten durchgehen :( :(

      Nur meine persönliche Beobachtung.


      Grüße, George
      Slow equals smooth and smooth equals fast

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    • Naja, erstens vergisst du schon ein paar Leute neben den von dir aufgezählten - Rick Krüger, Johannes Schiefner, Marianne Blau fallen mir eben mal so ein. Dazu habe ich noch ein paar andere gehört, die es durchaus drauf haben, aber nicht auf Bühnen auftauchen bzw. im öffentlichen Fokus stehen, wegen was auch immer. Zweitens: Kleine Szene, wenig bekannte Gesichter, beides in absoluten Zahlen. Muss man allerdings in Relation sehen, sonst zeichnet man ein falsches Bild. Unter dem Strich spielen heutzutage sicherlich mehr Leute in Deutschland irgendwelche Dudelsäcke als früher zu unseren Lebzeiten. Es wächst also, langsam und im eigenen Tempo, aber es wächst. Wieviel bekannte, solistisch herausragende Trompeter oder Gitarristen gibt es eigentlich im Vergleich zur Gesamtzahl der jeweiligen Spieler? Ich weiß es nicht und sonst wohl gerade auch keiner. Ist jetzt aber auch egal.

      Mir ist nicht ganz klar, warum gute Solisten der "Goldstandard" (was immer das in diesem Zusammenhang heißt) sein sollen. Gute Solisten sind ein Genuss, richtig, aber ich finde zumindest genauso wichtig, dass die Leute Spaß am gemeinsamen Musizieren haben, gerne auch zehn Schäferpfeifen zusammen in einem Raum. Ja, gute Solisten können auch Öffentlichkeit schaffen, aber damit sich das jemand anhört und den Wunsch entwickelt, das auch zu können, muss man nicht nur das Instrument mögen, sondern auch die Musik an sich, die da gespielt wird. Womit wir wieder in der (eine kleine Szene bedingenden) Nische wären, die ich, wie ich schon einmal geschrieben habe, ehrlich gesagt in ihrer unkommerziellen Unbeschwertheit recht kuschelig finde.

      Mit anderen Worten: Wenn du eine Entwicklung forcieren willst, statt dich am organischen Wachsen und Leben zu freuen, nimm es in die Hand. Zu einer Entwicklung gehört nun mal, dass manchmal auch was auf der Strecke bleibt - vielleicht ist das jetzt der Marktsack, vielleicht auch nicht. Aber wenn du willst, dass sich was ändert - Entschuldigung - heul nicht rum, dass die Darbietungspraxis nicht so ist, wie du es dir vorstellst, dass es arrogante Könner gibt, die deine Kritik nicht annehmen wollen, dass die Hörgewohnheiten andere sind, dass die Richtung insgesamt eine falsche ist, dass die Wildschweine was Schlechtes zu essen gekriegt haben... (Asterixzitat, sorry). Nimm es in die Hand und kuck, ob du selbst was ändern kannst, rede mit den Bands, organisiere Events, schaffe mediale Aufmerksamkeit. Die berühmten drei Alternativen: Love it, change it, leave it. Tut mir leid, wenn ich jetzt ein bisschen harsch war, aber immer den Finger laut und wortreich klagend in die Wunde zu legen und sich zu wundern, dass keiner ein Pflaster holt, finde ich auf Dauer etwas anstrengend...
      Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum.
    • Andreas schrieb:

      Mit anderen Worten: Wenn du eine Entwicklung forcieren willst, statt dich am organischen Wachsen und Leben zu freuen, nimm es in die Hand. Zu einer Entwicklung gehört nun mal, dass manchmal auch was auf der Strecke bleibt - vielleicht ist das jetzt der Marktsack, vielleicht auch nicht. Aber wenn du willst, dass sich was ändert - Entschuldigung - heul nicht rum, dass die Darbietungspraxis nicht so ist, wie du es dir vorstellst, dass es arrogante Könner gibt, die deine Kritik nicht annehmen wollen, dass die Hörgewohnheiten andere sind, dass die Richtung insgesamt eine falsche ist, dass die Wildschweine was Schlechtes zu essen gekriegt haben... (Asterixzitat, sorry). Nimm es in die Hand und kuck, ob du selbst was ändern kannst, rede mit den Bands, organisiere Events, schaffe mediale Aufmerksamkeit. Die berühmten drei Alternativen: Love it, change it, leave it. Tut mir leid, wenn ich jetzt ein bisschen harsch war, aber immer den Finger laut und wortreich klagend in die Wunde zu legen und sich zu wundern, dass keiner ein Pflaster holt, finde ich auf Dauer etwas anstrengend...
      Jep. Schon dabei!
      Ich plane die Organisation eines möglichen regulären Session-Treffs im Raum Paderborn bzw. Lippe und an einer MA-Veranstaltung mit musikalischem Schwerpunkt wird ebenfalls geschraubt :)

      Der Grund, warum ich immer wieder im Sackpfeifen-Web so klagend, wortreich und generell penetrant auffalle, ist ein ziemlich simpler. Kennen Sie außer mir noch eine zweite Person die innerhalb der Sackpfeifer-Szene genauso auffällt und diesselbe Message verbreitet? Gibt es überhaupt irgendjemanden außer mir und Thomas Zöller/Brian Haase der/die sich überhaupt systematisch mit der Marktsack-Spieltechnik beschäftigt hat bzw. immer noch tut? Ja, man kann sich in seiner gegenwärtigen Mini-Szene wohl fühlen, doch die Zeit steht nicht still und irgendwann steht man vor dem Generationenwechsel... und siehe da, dieser findet nicht statt aus Mangel an Interesse innerhalb unserer Gesellschaft. Die logische Folge ist, die jeweilige kleine Szene wird irgendwann mal zu einem Ü60 -Treff, einer geschlossenen Gesellschaft alter MusikerInnen die an der Gesellschaft und der jungen Generation komplett vorbeigeht. Und weils dann keinen Generationswechsel gibt, wird die besagte kleine kuschelige Szene mit dem voranschreitenden Alter ihrer Mitglieder einfach verschwinden, als wäre sie nie da.

      Anders ausgedrückt, ich falle auf weil ich Sachen anspreche die scheinbar sonst niemanden in der Szene interessieren. Besonders wenn es um den Marktsack geht. Und das ist OK, damit kann ich prima leben ;) Damit die Sackpfeifenmusik, die Instrumente und die Szene weiter leben, brauchen wir NACHWUCHS, und als Pädagoge nehme ich meinen Bildungsauftrag gebührend ernst.
      Slow equals smooth and smooth equals fast

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    • Andreas schrieb:

      Mir ist nicht ganz klar, warum gute Solisten der "Goldstandard" (was immer das in diesem Zusammenhang heißt) sein sollen.
      Es gibt keine Sackpfeifentradition in direkter Linie wo die Spieler ihr Können als "Pipe Band" erlernen. Selbst die Schotten, wo die Pipe Band, so wie wir sie kennen, herkommt, haben eine solide Solo-Piping Praxis auf welcher alles aufbaut, inkl. traditionelle Pipe Bands. Böhmische Böcke, Uilleann Pipes, Gaitas und Gajdas, all das wird fast ausschließlich solo gespielt und das Können des durchschnittlichen Spielers ist entsprechend hoch.
      Möchte man Sackpfeife erlernen, dann sollte man Solo-Spielen erlernen, und nur dann, wenn man das kann, sich an eine Pipe Band heranwagen. Das wäre mein Ansatz. Warum? Wir sehen es in der gelebten Praxis.
      Seit min. 30 Jahren lernen z.B. die allermeisten Marktsacker ihr Können größtenteils im Kontext einer MA-Pipe-Bands, und das Ergebnis spricht leider für sich.
      Slow equals smooth and smooth equals fast

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