Nachdem verschiedentlich Fragen auftauchen, wie viel Einzelpersonen Üben dürfen und darüber allgemein größere Unklarheit besteht und viele Halbwahrheiten kursieren, hier der Versuch einer hilfreichen Antwort. Die folgenden Informationen beziehen sich ausdrücklich auf das Üben von Einzelpersonen, zumeist innerhalb von von ihnen bewohntem Wohnraum. Fragen von Bandproben in (gar fremden) Mietwohnungen werden ausdrücklich ausgenommen!
Es gibt viele verschiedene Rechtsquellen, aus denen sich allgemeine Ruhezeiten und auch Musizierverbote ergeben können. Eine "allgemeine Ruhezeit", "allgemeine Nachtruhe" oder eine "allgemeine Mittagsruhe" gibt es für Fragen des Musizierens nicht bundeseinheitlich. Einige Länder, aber auch einige Kommunen haben Bestimmungen erlassen, oft in Verordnungsform, die dann natürlich nur für den Bereich des Landes, den Landkreis oder die Gemeinde gültig sind. Diese unterscheiden sich teilweise, typischerweise in Anfangs- und Endzeiten der Mittagsruhe usw., teilweise werden aber auch ganze Tage mehrdeutig ausgenommen, sodass man auf ein generelles Übe- und Musizierverbot schließen könnte (Sonntag). Aus dem Grund heraus verbietet sich jede pauschale Antwort auf die Frage "wann darf ich spielen" - das ist nämlich schlichtweg eine recht individuelle Frage und vom Musizierort abhängig. Das erklärt auch, warum das Thema nicht generell ein und für alle mal durch die Vorgabe einfacher Regeln geklärt werden kann.
Nächste Quelle von Verboten ist ein eventueller Mietvertrag. In diesem darf das Musizieren nicht ganz untersagt werden; eine entsprechende Klausel wäre unwirksam, man dürfte also den normalen Regeln entsprechend musizieren. Auch eine für den typischen Berufstätigen nicht realisierbare Zeitvorgabe ist wohl nicht erlaubt ("nur Mo-Fr morgens zwischen 10.30 und 12.30 Uhr"). Möglicherweise ergibt sich jedoch aus dem Mietvertrag eine Mittagsruhezeit, und auch ein Musizierverbot nach 20 Uhr Abends ist ganz typischerweise hinzunehmen.
Dann bleibt noch die Frage des zeitlichen Umfangs, also "wie lange darf man üben". Das ist wiederum individuell, was sich durch verschiedene Faktoren bedingt: Mietrecht ist eine recht stark lokal geprägte, vielleicht die am deutlichsten ortsverschiedene Sparte des Rechts neben dem Presserecht. Das bedeutet, dass Urteile aus Stadt x nicht oder kaum nach Stadt y übertragbar sind - es ist den Urteilen allenfalls (!) eine Tendenz zu übernehmen, die andernorts vielleicht (!) berücksichtigt werden könnte. Außerdem sind dies alles Einzelfallentscheidungen, typischerweise nicht durch Obergerichte, die Entscheidungen haben also schon qua Instanz wenig Bindungswirkung.
Grundsätzlich gilt ein Rücksichtnahmegebot auf die Interessen eventueller anderer Mieter. Es spielt daher im Einzelfall sehr wohl eine Rolle, wie gut das Haus etwa schallgedämpft ist, wie viele Parteien sich im Haus befinden, zu welcher Uhrzeit typischerweise geübt wird, in welchen Räumen, die wiederum an welche Räume der Nachbarwohnungen angrenzen. Zwischen 9-12 Uhr und von 15-18 Uhr stört es sicherlich am wenigsten, die typische Übezeit wird regelmäßig auch ein Entscheidungsfaktor sein. Angeblich gibt es vom AG Bremen ein Urteil zu einem GHB-Spieler, der zwei Stunden Übezeit pro Tag in einer Mietwohnung zugestanden bekam - das habe ich bisher nicht finden können. Nach dem gerade Gesagten heißt das aber noch nichtmal für Hamburg und Osnabrück was, eine rechtliche Bindungswirkung bestünde auch in einem zweiten Bremer Verfahren nicht, wiewohl die Entscheidung in ihrer Tendenz sicherlich Berücksichtigung fände.
Was heißt das jetzt für den Einzelfall, wie findet man raus was man darf? Am einfachsten wäre, sich beim zuständigen Ordnungsamt zu informieren und (!) einen Blick in den eigenen Mietvertrag nebst Hausordnung zu werfen. Was danach an Zeiten nicht raus ist, würde ich nach Möglichkeit mit möglichst verträglichen Übezeiten (die erwähnten 9.30-12 Uhr und von 15-18 Uhr) kombinieren, weil da die Chance am höchsten ist, niemanden zu stören. Gegen eine Stunde Üben pro Tag ist vermutlich keinesfalls etwas zu sagen, ab zwei ist man dann im potentiell kritischen Bereich. Am Wochenende wäre ich kritischer, insbesondere am Sonntag würde ich mich zurückhalten.
Im öffentlichen Bereich, also nicht in der eigenen Wohnung, ist das Üben nochmal eine ganz andere Frage und anderen ordnungsrechtlichen Ge- und Verboten ausgesetzt. Auch da gilt, im Zweifel vorher fragen, und zwar sowohl Ordnungsamt als auch mögliche "Akustikopfer" und Rücksicht nehmen.
Sinnvoll scheint mir vor allem die Absprache mit den Nachbarn. Vereinbart Übezeiten, sagt auf jeden Fall, dass die Leute sich melden sollen wenn es mal gar nicht passt (wenn man etwa Kopfschmerzen hat, mag man nicht zwei Stunden Marktsackgeübe ertragen - das geht auch jedem Dudelsackspieler so!). Außerdem: Macht Euch mit den Regeln effizienten Übens vertraut, übt wirklich (und dudelt nicht durch die Gegend), übt konzentriert und nicht in vielen kleinen Etappen, sondern dann die Stunde durch. Letztlich: Je schneller man besser wird, desto besser. Die wenigsten Nachbarn beschweren sich über schlechte Musik...
Viele Grüße,
Alex
Es gibt viele verschiedene Rechtsquellen, aus denen sich allgemeine Ruhezeiten und auch Musizierverbote ergeben können. Eine "allgemeine Ruhezeit", "allgemeine Nachtruhe" oder eine "allgemeine Mittagsruhe" gibt es für Fragen des Musizierens nicht bundeseinheitlich. Einige Länder, aber auch einige Kommunen haben Bestimmungen erlassen, oft in Verordnungsform, die dann natürlich nur für den Bereich des Landes, den Landkreis oder die Gemeinde gültig sind. Diese unterscheiden sich teilweise, typischerweise in Anfangs- und Endzeiten der Mittagsruhe usw., teilweise werden aber auch ganze Tage mehrdeutig ausgenommen, sodass man auf ein generelles Übe- und Musizierverbot schließen könnte (Sonntag). Aus dem Grund heraus verbietet sich jede pauschale Antwort auf die Frage "wann darf ich spielen" - das ist nämlich schlichtweg eine recht individuelle Frage und vom Musizierort abhängig. Das erklärt auch, warum das Thema nicht generell ein und für alle mal durch die Vorgabe einfacher Regeln geklärt werden kann.
Nächste Quelle von Verboten ist ein eventueller Mietvertrag. In diesem darf das Musizieren nicht ganz untersagt werden; eine entsprechende Klausel wäre unwirksam, man dürfte also den normalen Regeln entsprechend musizieren. Auch eine für den typischen Berufstätigen nicht realisierbare Zeitvorgabe ist wohl nicht erlaubt ("nur Mo-Fr morgens zwischen 10.30 und 12.30 Uhr"). Möglicherweise ergibt sich jedoch aus dem Mietvertrag eine Mittagsruhezeit, und auch ein Musizierverbot nach 20 Uhr Abends ist ganz typischerweise hinzunehmen.
Dann bleibt noch die Frage des zeitlichen Umfangs, also "wie lange darf man üben". Das ist wiederum individuell, was sich durch verschiedene Faktoren bedingt: Mietrecht ist eine recht stark lokal geprägte, vielleicht die am deutlichsten ortsverschiedene Sparte des Rechts neben dem Presserecht. Das bedeutet, dass Urteile aus Stadt x nicht oder kaum nach Stadt y übertragbar sind - es ist den Urteilen allenfalls (!) eine Tendenz zu übernehmen, die andernorts vielleicht (!) berücksichtigt werden könnte. Außerdem sind dies alles Einzelfallentscheidungen, typischerweise nicht durch Obergerichte, die Entscheidungen haben also schon qua Instanz wenig Bindungswirkung.
Grundsätzlich gilt ein Rücksichtnahmegebot auf die Interessen eventueller anderer Mieter. Es spielt daher im Einzelfall sehr wohl eine Rolle, wie gut das Haus etwa schallgedämpft ist, wie viele Parteien sich im Haus befinden, zu welcher Uhrzeit typischerweise geübt wird, in welchen Räumen, die wiederum an welche Räume der Nachbarwohnungen angrenzen. Zwischen 9-12 Uhr und von 15-18 Uhr stört es sicherlich am wenigsten, die typische Übezeit wird regelmäßig auch ein Entscheidungsfaktor sein. Angeblich gibt es vom AG Bremen ein Urteil zu einem GHB-Spieler, der zwei Stunden Übezeit pro Tag in einer Mietwohnung zugestanden bekam - das habe ich bisher nicht finden können. Nach dem gerade Gesagten heißt das aber noch nichtmal für Hamburg und Osnabrück was, eine rechtliche Bindungswirkung bestünde auch in einem zweiten Bremer Verfahren nicht, wiewohl die Entscheidung in ihrer Tendenz sicherlich Berücksichtigung fände.
Was heißt das jetzt für den Einzelfall, wie findet man raus was man darf? Am einfachsten wäre, sich beim zuständigen Ordnungsamt zu informieren und (!) einen Blick in den eigenen Mietvertrag nebst Hausordnung zu werfen. Was danach an Zeiten nicht raus ist, würde ich nach Möglichkeit mit möglichst verträglichen Übezeiten (die erwähnten 9.30-12 Uhr und von 15-18 Uhr) kombinieren, weil da die Chance am höchsten ist, niemanden zu stören. Gegen eine Stunde Üben pro Tag ist vermutlich keinesfalls etwas zu sagen, ab zwei ist man dann im potentiell kritischen Bereich. Am Wochenende wäre ich kritischer, insbesondere am Sonntag würde ich mich zurückhalten.
Im öffentlichen Bereich, also nicht in der eigenen Wohnung, ist das Üben nochmal eine ganz andere Frage und anderen ordnungsrechtlichen Ge- und Verboten ausgesetzt. Auch da gilt, im Zweifel vorher fragen, und zwar sowohl Ordnungsamt als auch mögliche "Akustikopfer" und Rücksicht nehmen.
Sinnvoll scheint mir vor allem die Absprache mit den Nachbarn. Vereinbart Übezeiten, sagt auf jeden Fall, dass die Leute sich melden sollen wenn es mal gar nicht passt (wenn man etwa Kopfschmerzen hat, mag man nicht zwei Stunden Marktsackgeübe ertragen - das geht auch jedem Dudelsackspieler so!). Außerdem: Macht Euch mit den Regeln effizienten Übens vertraut, übt wirklich (und dudelt nicht durch die Gegend), übt konzentriert und nicht in vielen kleinen Etappen, sondern dann die Stunde durch. Letztlich: Je schneller man besser wird, desto besser. Die wenigsten Nachbarn beschweren sich über schlechte Musik...
Viele Grüße,
Alex
Dieser Beitrag wurde bereits 6 mal editiert, zuletzt von Firunew ()